Review Rock

The War On Drugs

Live Drugs

Super High Quality • 2020

Seit jeher muss sich jedes Live-Album des karohemdsärmeligen Alternative-Rock an den beiden Meilensteinen »Kicking Television« von Wilco und »Live on Ten Legs« von Pearl Jam messen lassen. Denn solche Aufnahmen sollen ja nicht weniger als die maximale Magie der Auftritte einfangen. Jetzt gehören The War On Drugs aus Philadelphia bekanntermaßen nicht zu den extrovertiertesten Zeitgenossen auf der Bühne. Aber es geht ja um den Sound, den ihr erstes Live-Album »Live Drugs« sehr genau einfängt. Der schleppende Groove von »Under The Pressure« lässt sich schon wie auf der Studio-Aufnahme kaum greifen und trotzdem ziehen Rhythmus und Gitarre unweigerlich durch den bombastischen Track. Die Ausbrüche in »Strangest Thing« kommen hingegen nicht mehr ganz so aufwirbelnd daher, dafür offenbart »Pain« all seine nicht vorhandenen Hit-Qualitäten und da sitzt die Gitarre auch wieder. Dass die Songs da so unterschiedlich aufschlagen, hat einen einfachen Grund: »Live Drugs« setzt sich aus verschiedenen Live-Aufnahmen zusammen. Der Anspruch einer durchgängigen Atmosphäre wäre somit sowieso vermessen. Was hingegen manchmal schmerzt: Adam Granduciel ist weder der beste noch der leidenschaftlichste Sänger. Das Cover von Warren Zevons »Accidentally Like A Martyr« säuft deswegen in den ersten Sekunden auch leicht weg, bevor Band und Granduciel das Ding wieder einfangen – und einen wirklich großartigen Song noch großartiger machen. Allein dafür und für die Performance von »Pain« lohnt sich »LIVE DRUGS«. Nur ein Meilenstein ist es nicht. Die Freude an diesen siebzig Minuten muss man sich deswegen trotzdem nicht nehmen lassen. Die Converse stehen oft genug auf dem Effektgerät. Das hat bei The War On Drugs genug Magie.