Review

Tyler, The Creator

Wolf

Columbia • 2013

Ich bewerte »Wolf« schlechter als seinen Vorgänger – obwohl die Musik jetzt besser ist. Was also fehlt »Wolf«, das »Goblin« hatte? Es fehlt das Furiose; das Gefühl, dass Tyler sich das Album direkt von der Seele rotzt. Das ist nicht mehr der Sound, zu dem Tyler in die Menge springen wird und zu der sich Skater-Jungs durch einen stinkigen Club schubsen. Tyler hat punkige Instrumentals gestrichen und schreitet mit seinen Beats weiter in Richtung seiner Vorbilder, z.B. den Neptunes. Old-School-Breaks, Piano-Geklimper: Die Instrumentals gehen v.a. im Mittelteil an der kurzen Leine. Und so ist »Wolf« zugänglicher als »Goblin«, aber reißt den Hörer nicht mehr so mit. Tylers Welt hat sich verändert: Zwar treiben noch dieselben Dinge seine Seele um, aber die Welt, vor die er treten muss, ist größer geworden. Ein viel zu großes Haus ist das Leitsymbol dieses Zwiespalts. So wird »Wolf« zum Konzeptalbum. Denn der Einsamkeit in den leeren Hallen stellt Tyler das Motiv eines Ferienlagers gegenüber – sobald ein anderer Musiker zu einem Song beiträgt, spielt Tyler den Klassenclown. Alles hat sich also nicht verändert: »Wolf« bewegt sich wieder zwischen plumpem Teenie-Klamauk und den umtriebigen Gedanken eines jungen Erwachsenen. Doch wo Tyler mit »Goblin« noch volle Breitseite in eine neue Welt preschte, da sucht er auf seinem neuen Album seinen Platz in dieser. Das KTA (»kill them all«) in OFWGKTA gilt nicht mehr in seiner Kompromisslosigkeit. Der Musik hat das gut getan; es leidet darunter lediglich Tylers spezielles Charisma. Und davon lebt alles im musikalischen Kosmos des bunten Jungen aus Los Angeles.