In den 1980er und 1990er Jahren war es auf Partys üblich, dass sich zwischen den Uptempo-Stücken langsamere Lieder für enges Tanzen tummelten. Dieser sanfte Pop gepaart mit portugiesischsprachigem Hip-Hop ergibt brasilianischen Street Soul und damit das lateinamerikanische Pendant zum wesentlich bekannteren UK Street Soul, den Künstler wie Rosaline Joyce, Systematic und Rick Clarke parallel produzierten. Die zehn Stücke auf der Compilation »Street Soul Brazil 1987-1995« verleugnen zwar nicht ihre Disco-Einflüsse aus den Siebzigern, klingen mit den großzügig eingesetzten Synthie-Spuren aber eindeutig nach der Zeit ihrer Entstehung. So leitet ein ausuferndes Keyboard-Solo den Rap-Part auf Juniors »Vim te Buscar« ein, der eingängige Refrain von Fernanda Abreus »Hello Baby« erinnert an Deniece Williams in ihrer Hitparaden-Hochphase und Sharylaine liefert mit »Saudade« die südamerikanische Version von LL Cool Js »I Need Love«. Doch auch wenn es die Genre-Bezeichnung vorgaukelt, nicht alles auf »Street Soul Brazil« kann als »smooth« etikettiert werden. Während die A-Seite den Soul mit poppigen Hooks und ruhigen Pianospuren groß schreibt, wird das Street auf der B-Seite mit Raps und härteren Drums in den Mittelpunkt gerückt. So setzen die sphärische Soundfläche und die Funkgitarre von »Um Sonho Real« komplett aus, wenn As Damas Do Rap rappen. Innerhalb eines Taktes verwandelt sich das gefällige Instrumental in einen astreinen Breakbeat. Doch unabhängig von der jeweiligen Ausrichtung eint der simple Groove alle Stücke. Dieser entschleunigt jede Playlist, das Tanzen unterbricht er aber trotzdem nicht.
Street Soul Brazil 1987 - 1995