New Age aus St. Petersburg – und das mittlerweile im zehnten Jahr. Vladimir Karpov hat seit seinem imaginären »Robinson Crusoe (Lost Soundtrack)« von 2012 das einst für tot erklärte Genre ein ums andere Mal via Labels wie Singapore Sling Tapes, Constellation Tatsu, Illuminated Paths oder Not Not Fun Records mit neuen Qualitäten versehen. Damals wie heute sind es urige Analog-Geräte, die der Produzent und Eremit unter seinem Alias X.Y.R. zur Klanggenese verwendet, allen voran der Formanta Polivoks, dem Vladimir Karpov oft nicht mehr als ein paar Pedals zur Seite stellt. Eingeschlossen in seiner kleinen Holzhütte am Rande St. Petersburgs, entwirft er so zwischen alten Fotografien, kaffeebrauner Holzverkleidung und Twin-Peaks-Postern romantische Synth-Szenarien, die langsam und bedächtig neues Territorium erschließen – mal vertieft in die Geschichten fantastischer Romane, mal auf dem Weg ins All oder in längst vergessene Mythologien. Für seine zehnte Arbeit »Aquarealm« ließ sich X.Y.R. von alten sowjetischen Cartoons inspirieren, von Naturdokumentationen und einem Aquarium in seiner Wohnung. Wie seine Kompositionen, ist auch er ein zurückhaltender Typ, wenig offen für Interviews aber vernarrt in Vintage-Synthesizer wie ein Danny Wolfers oder Valerio Lombardozzi (aka Heinrich Dressel). Und auch ähnlich talentiert im Umgang mit diesen. Dass er dabei keine neuen Soundpaletten ausprobiert, sich stattdessen immer tiefer in seine Stilsparte vergräbt und jeden Ton, jeden Loop, jede Pad-Konstellation mehrmals auskostet, ist eine Qualität seiner Musik, auf die man stehen muss. Ist dies der Fall, beschwören die nahtlos ineinanderfließenden Produktionen von »Aquarealm« allerdings einen Trance-artigen Eskapismus, mit dem die Reise zu anderen Orten immer und immer und immer wieder gelingen kann.
Aquarealm