Review

Nicole Willis & The Soul Investigators

Tortured Soul

Timmion • 2012

»Da hatte sich Madame Willis aber mächtig ins Zeug zu legen, um an dem Erfolg ihres Debuts anzuknüpfen.« So oder so ähnlich war es dieser Tage vielfach in der Presse nachzulesen. Da frage ich mich doch ernsthaft, ob dieses Album kein Erfolg wäre, wenn Präsident Obama diesmal nicht einen Song hieraus für seinen nächsten Wahlkampf nutzen, oder Gilles Peterson ihre Singleauskoppelung nicht zum Song des Jahres küren würde. Selbstverständlich waren das mehr als deutliche Belege für die außerordentliche Qualität ihres 2006er Albums »Keep Reaching Up«. Daraus lässt sich aber nicht der Rückschluss ziehen, dass sich mindere Qualität am Ausbleiben solcher Lorbeeren und Lobreden messen lässt. Ohnehin gibt es keine Kategorien, die die oben genannten toppen könnten. Selbst wenn man in absehbarer Zukunft einen weiteren bewohnten Planeten entdeckte, dessen angesagtester Musikkritiker Sie erneut zum „Songwriter of the Year“ kürt, wäre die Nutzung eines ihrer Songs in der nächsten Kampagne des Mr Universe wohl mehr als suspekt. Jedenfalls ist die Frage ob Musik gut oder schlecht ist, nicht an Verkaufszahlen oder der Menge an eingeheimster Preise gekoppelt. Die sagen lediglich etwas über die Umdrehungszahl der Werbetrommel aus. Was man dem Inhalt aber nicht streitig machen kann, ist das produktive Power House, das sich hierfür erneut verantwortlich zeigt. Der rohe Sound von Produzent Didier Selin, die unverblümten Kompositionen der Soul Investigators und schließlich der Wille und das Vermögen der Frontfrau, ihr Innerstes nach außen zu kehren. Soul wird nämlich vor allem dann gut, wenn man unerschrocken und aufrichtig in seine Seele schaut, und diese Einblicke mit der Außenwelt teilt. Nicole will es, kann es und tut es mal wieder.