Wenn es eine Band gibt, die Synonym geworden ist für den Post-Rock aus Chicago, dann sind das Tortoise. Sie gehörten zu den ersten, die dem Rock in den 1990er-Jahren die Konventionen austrieben und ihren Anhänger:innen das Bild einer verheißungsvollen musikalischen Zukunft vermittelten. In den 2000er- und 2010er-Jahren entstand dann der Eindruck, als wüssten Tortoise nicht mehr ganz genau, wo sie hingehören – zumindest wurden ihre Alben aus dieser Zeit nicht uneingeschränkt gefeiert. Nun erscheint mit Touch ein neues Album von Dan Bitney, John Herndon, Doug McCombs, John McEntire und Jeff Parker, das dieser Band, der das kollektive Experiment in die Wiege gelegt wurde, wieder alle Ehre macht.
Tortoise hauen ihre stilistische Vielfalt nicht mit dem Holzhammer in die Tracks, sondern gravieren sie vorsichtig mit dem Stichel ein. Krautrock, Library Music, rhythmisches Pulsieren, Ahnungen von Techno und Synth-Pop sowie Phantasien über Exotica verwischen zu einem musikalischen Gesamtbild, zu dem auch gehört, dass »Night Gang« auf einer twangy Gitarre dem Sonnenuntergang entgegenreitet. Dass das achte Album der Band bei International Anthem erscheint, ergibt Sinn – nicht nur, weil Gitarrist Jeff Parker dort auch als Solokünstler veröffentlicht, sondern weil das Label aus Chicago, genau wie Tortoise, keine musikalischen Grenzen kennt.

Touch

