Dramadigs – Im Auftrag der Glückseligkeit

28.04.2014
Foto:Robert Winter / © Melting Pot Music
Harmonie, Gemeinschaft, Liebe: Die Dramadigs können keinen Streit. So haben Tsnd Mrk und Konfus aus dieser Tugend eine weitere gemacht und zwar in Form ihrer Schallplatte »Bei aller Liebe«. Wir baten sie in Bremen zum Gespräch.

»Das ist kein Problem. Ein wenig Unprofessionalität ist mir sogar lieber«, erwidert Tsnd Mrk als ich das defekte Diktiergerät entschuldige und nach erfolglosem Versuch den Laptop neu zu starten, einen nächsten Interviewtermin vorschlage. Im Gespräch ein paar Tage später sagt er beinahe ergänzend: »Unsere Art Musik zu machen, pflegt einfach eine gewisse Unprofessionalität, wenn man so will. Es soll ja in erster Linie Spaß machen.« Anders als es ihr Bandname Dramadigs vermuten lässt, suchen Konfus und Tsnd Mrk keine Tragödien. Stattdessen zelebriert das Bremer Rapper/Producer-Gespann eine typisch norddeutsche Hausschuh-Gemütlichkeit, das Glück kommt mit der Ruhe – in ihrem Finndorffer Studiokeller keept man es »low profile«.

Harmonie, Gemeinschaft, Liebe
Seit gut 20 Jahren hatten Tsnd Mrk und Konfus schon unabhängig voneinander Musik gemacht, bevor sie sich zum Duo Dramadigs zusammenschlossen und 2012 unter der Starthilfe von Twit One ihr Crew-Debüt »Das Muss Doch Nu Wirklich Nicht Sein« vom Internet auf eine Schallplatte hievten. Blogs und Fachmagazine übertrafen sich bald mit Lobeshymen auf die selbstironische Melancholie ihres hanseatischen Soul-Bap-Entwurfs, der vom »Wurst Käse Szenario« erzählt oder lakonisch »Schietndiddi« ausruft – »Fußschweiß und Trän’/ Du weißt wie’s geht«.

»Ich rappe seit 1994 und habe immer nur mit Bremern Musik gemacht. Wir haben mittlerweile aber so viele Leute kennengelernt, da kann man ja auch mal dokumentieren, dass man auch einmal woanders gewesen ist.«

Konfus
Die zwei passionierten Digger sind das fleischgewordene Understatement, deren nordische Gelassenheit sich wohlig-wärmend wie ein paar Wollsocken über dickflüssige Soul-Samples oder Jazz-Samples stülpt. 32stel-Hihats und Clubbanger-ADHS sind nicht das Ding der Dramadigs, ihr Stück vom Himmel liegt in der MPC. »Ein quantisierter Beat ist auf jeden Fall die Hip Hop-Hölle«, witzeln sie. Die Trendverweigerung folgt aber keiner Etikette, sondern einer inneren Überzeugung: »Für uns steht Selbstverwirklichung vor jedem Erfolgsstreben. Es geht um Community und Liebe in erster Linie.« Harmonie, Gemeinschaft, Liebe – Konfus klingt beinahe wie ein Alt-Hippie, wenn er den Antrieb der Dramadigs erklärt.

Mehr und mehr Freunde
Da Liebe aber bekanntlich größer wird, wenn man sie teilt, hat das Team für die wiederum bei Melting Pot Music erschienene, aktuelle LP »Bei Aller Liebe« ihren rappenden Freundes- und Bekanntenkreis eingeladen. Zufälligerweise ist dieser seit dem Debüt um Indie-Rap-Ikonen wie Fatoni, Sonne Ra oder Audio88 & Yassin gewachsen. Ihr smoother Boom-Bap-Sound mit Neo-Soul-Einschlag, der auch auf ihren zahllosen Beat-Tapes durchs World Wide Web geistert, ist ohnehin gefragt – Aphroe gibt Props, Torch lädt nach Heidelberg ein, DCS senden Remix-Anfragen.

So ist »Bei Aller Liebe« auch die Erfüllung eines Traumes, erzählt Konfus: »Ich rappe seit 1994 und habe immer nur mit Bremern Musik gemacht. Wir haben mittlerweile aber so viele Leute kennengelernt, da kann man ja auch mal dokumentieren, dass man auch einmal woanders gewesen ist. Das war eine Herzensangelegenheit.« Tsnd Mark betont zudem das Unvermögen, Leute vor den Kopf zu stoßen. Die Dramadigs mögen keinen Streit: »Wenn man dem einen Bescheid gibt, muss man eigentlich auch den zwanzig anderen zusagen. Da hat es sich einfach angeboten dieses Producer-Album zu machen.« Die freundschaftliche Ebene ist dem harmonischen Duo sowieso wichtig, keiner der Songs wäre aus einer anonym Rundmail-Anfrage heraus entstanden, jeden Gast kennen sie persönlich – eine echte Familienangelegenheit.

Weiter Richtung Glückseligkeit
Getreu dem Titel ihres ersten gemeinsamen Stücks »Ein bisschen Glück bitte«, fließen aber auch schon wieder Texte für das nächste Deutschrap-Album aus den Kugelschreibern – die Liebe zu Rap geht mit dem Beat. »Wir sind einfach auf der Suche nach ein bisschen Freude und das bereitet uns beiden halt Hip Hop-Musik. Der Moment, einen Beat fertig gemacht zu haben, einen Text geschrieben zu haben – das sind alles Teile unserer Vorstellung von Glückseligkeit.«