Review

D.K.

Live At The Edge

12th Isle • 2020

Dang-Khoa Chau fühlt sich in trüben Gewässern zuhause. Oder zumindest liebt er das Unklare, Nicht-zu-Greifende, die Unein- und die Mehrdeutigkeiten. Wenn der in Paris lebende Produzent sein drittes Solo-Album »Live At The Edge« nennt, dann schwingt darin eben noch mehr mit als nur der Hinweis, dass die über 12th Isle veröffentlichte LP einen Auftritt in einem Seouler Club namens The Edge abbildet. Der Titel ist vielmehr genauso als Handlungsanweisung zu verstehen: Leb’ am Limit, tänzel auf dem schmalen Grat zwischen der einen und der anderen Welt entlang. Denn das tut der Franzose schließlich ebenso. Chau schiebt auf sechs unbetitelten Tracks bauchige Rhythmen und wabernde Klangflächen übereinander als wären es Memory-Steine, die nicht immer zueinander passen und doch ein rundes Gesamtbild ergeben. »Live At The Edge« trippelt, tröpfelt, tuckert, tappt und treibt vor sich hin, nahtlos und doch immer gegen den Strich. Denn so tiefentspannt diese Musik auch ist, umweht sie eine deutliche Melancholie. Die erinnert an Emo-Ambient-Meister wie Gigi Masin selbst dann, wenn Don’t-DJ-ähnliche Meta-Ethno-Rhythmen den Takt vorgeben. Obwohl die Grooves gegen Ende dieses bravourösen Sets fester zupacken und die Stimmung sich stetig aufhellt, ist »Live At The Edge« doch eine introspektive Angelegenheit. Die Gratwanderung, zu der Chau sein Publikum implizit aufruft, hat mehr als eine Dimension. Dementsprechend unklar, schwer zu greifen und mehrdeutig ist sein Sound. Das ist es ja, was ihn so faszinierend macht.