Review

Senking

Closing Ice

raster-noton • 2015

raster-noton ist seit jeher eine Heimat für diejenigen, welche Körper und Geist gleichsam stimulieren wollen. Big-Room-Kompatibilität trifft deshalb nicht zu selten auf akademischen Überbau. Anders scheint es sich bei Jens Massel zu verhalten, der seit 2000 bei dem Chemnitzer Imprint angeheuert. Die Musik, die der Kölner seit Ende der neunziger Jahre veröffentlicht, will scheinbar immer direkt in die Physis eindringen, das heißt: hart auf den Körper einschlagen. Mit satten, verzerrten Bässen und ausgeklügelten, aber dennoch nachvollziehbaren Rhythmen. Mit »Closing Ice«, Massels achtem Studioalbum, scheint es sich genauso zu verhalten: Das frostige Sounddesign scheint den Titel zu reflektierten, die kargen Rhythmen sind nur praktikabler Backdrop für die wuchtigen Bässe, die die Handschrift von Senking ausmacht. Eine Art heruntergepitchter Dubstep, der sterile Gegenentwurf zu Poles Waldmusik. Im Grunde ganz konventionell. Zum Beispiel der Track »Lighthouse Hustle«, der mit seinen wummernden Bassriffs und artifizieller Drumprogrammierung eher an den missglückten Versuch erinnert, einen Metal-Song nachzuformen. Vielleicht aber ist das eben genau der Punkt und macht den Überbau von Massels Musik aus: »Closing Ice« ist – an manchen Stellen mehr, an anderen wenigen – Musik über Musik. »Lighthouse Hustle« insbesondere grenzt an das parodistische wie ernstgemeinte Unterfangen an, wie es Oneohtrix Point Never auf seinem neuen Album durchführt, wenn er Rocktropen durch den digitalen Fleischwolf jagt: Die sogenannte »handgemachte« Musik wird mit ein bisschen Knöpfchendrückerei auf ihre konstitutive Essenz heruntergekocht und in verfremdeter Form präsentiert. Je offensichtlicher das geschieht, desto eindringlicher ist »Closing Ice«.

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