Review

James Blake

Enough Thunder EP

Atlas • 2011

Letztes Jahr entfachte der Brite James Blake mit seinem Debütalbum einen Medienhype, der in England sonst nur den Royals zuteil wird und steht bei den Redaktionen dieser Welt in den Abschlussberichten ganz weit oben. Kurz vor dem Ende 2011 legte er mit der EP Enough Thunder noch einmal nach. Wahrscheinlich nur um auf Nummer sicher zu gehen. Obwohl James Blake bereits in seiner frühen Schaffensphase und mit seinen ersten EPs ein überdurchschnittliches Maß an Aufmerksamkeit erregen konnte, hielten sich die Wellen der Begeisterung noch bis zum Release seines ersten Longplayers zurück. Ab Januar 2011 war der junge Brite dann plötzlich bekannt wie ein bunter Hund und nicht nur der Liebling von Underground und der Blogger-Szene. Wie erwartet: Auf seinem »Nachschlag« Enough Thunder finden sich wieder sechs absolut Blake-typische Tracks. Da wären neben dem Joni Mitchell-Cover A Case Of You und dem Feature mit Bon Iver Fall Creek Boys Choir, beide seit längerem bekannt durch die Acoustic Performance bei Radio BBC 1, noch vier absolut reine und ungehörte Stücke. Jeder einzelne hält was er verspricht: einen jungen englischen Ausnahmekünstler in Hochform. Während A Case Of You und Enough Thunder noch reine Klavierstücke sind, ist spätestens bei »All Went In The Fire, Drowning The Sea« Schluss mit Lustig. Autotune Wortfetzen zerschneiden die von vorher aufgebaute Stille in einem längst überfälligen Duett mit dem stilistisch verwandten Bon Iver. Der androide Sound von Fall Creek Boys Choir ist wie die meisten Stücke des 22-jährigen Wunderkindes von Grime inspiriert, lose im Dubstep verwurzelt und bietet aufgrund seiner Künstlichkeit einen vortrefflichen Vorwand sein Werk ausführlich zu diskutieren. Mittelpunkt und Fokus sind für ihn nämlich in erster Linie etwas anderes. »Der Mensch soll im Vordergrund stehen«. Und so ist seine größte Leistung die Integration von Stille und Freiraum. Seine Musik braucht nämlich Platz um vollends zur Geltung zu kommen. Besonnene Momentaufnahmen, schluchzender zerbrechlicher Gesang, untermalt von gesampleten Telefoneinwahlgeräuschen. Diese Störgeräusche werden mal dezent, mal offensiv, aber immer ins melodische Schema seiner Songs passend, eingesetzt. Während Not Long Now sich in diesen Belangen noch bis Minute 3:21 in britischer Zurückhaltung übt und das Rhythmusgebilde ganz sachte steigert, ist We Might Feel Unsound weniger subtil und »belästigt« den Zuhörer gleich von Beginn an, mit Samples hängengebliebener Schallplatten und Synths, aus denen sich dann immer wieder seine verzerrte Stimme erhebt.