Es ist bald 20 Jahre her, dass Stars Of The Lid neue Musik veröffentlicht haben, aber die erklingt auch im Heute als wäre es noch gestern, so einprägsam hallt sie nach. And Their Refinement of the Decline ist eines der beeindruckendsten Alben der Musikgeschichte. Weil es aus Drone, Minimal und Ambient besteht, aber doch so offen und einnehmend daherkommt, wie ein Nebel, der sich beim Hören ausbreitet. Seitdem ist von Stars Of The Lid keine neue Musik mehr erschienen.
Vor zwei Jahren starb Brian McBride. Die Frage nach neuen Alben des Duos ist damit komplizierter denn je. (Laut Interview-Aussagen von Wiltzie soll es noch Material für ein neues Album aus den 2010ern geben.) Das Debüt des Duos, Music for Nitrous Oxide, erschien vor fast genau 30 Jahren und wird zu diesem Anlass nun zum ersten Mal auf Vinyl widerveröffentlicht.
Daneben wirkte und wirkt Wiltzie bei diversen anderen Projekten mit: Der 1969 geborene US-Musiker ist verbandelt mit Labels wie Kranky und Erased Tapes, arbeitete bei The Dead Texan, A Winged Victory for the Sullen und Aix Em Klemm mit. Heute lebt er in Brüssel und derzeit klingt seine Solo-Platte Eleven Fugues For Sodium Pentothal aus dem vergangenen Jahr nach.
Fragile Wucht
Die neun Songs kommen schwerer und greifbarer, wuchtiger daher – und schöpfen erneut aus den Zwischenräumen des Bewusstseins. Musik, um darin unterzugehen und sich treiben zu lassen. As Above Perhaps So Below heißt ein Titel, wie oben, so vielleicht auch unten. Mehr Orientierung gibt es bei diesem Album nicht. Drone auf jeden Fall, zart brachial und brachial zart. Wiltzie selbst nennt es eine Kopfhörerplatte. Und hier gilt: Nach diesen Songs fühlt sich die Stille anders an; das Verständnis dafür, was Musik bedeutet, verändert sich. Es fühlt sich echter an als all der Lärm, der vor den Fenstern blökt und donnert. Wiltzie schafft klangliche Schönheit. Und jedes Warten auf ein neues Album mit seiner Beteiligung rechtfertigt sich genau dadurch.
Für uns hat Adam Wiltzie zehn Alben ausgesucht, die ihn geformt, gebessert und gebildet haben.

Adam Wiltzie: Was tot ist, kann niemals sterben, also dürfen wir nicht zulassen, dass es uns verloren geht. Dies war eine frühe Lektion über die Bedeutung des Crescendo/Decrescendo-Konzepts, das zum Grundgedanken meines gesamten musikalischen Schaffens wurde. Mögest du in ewiger Seligkeit ruhen, Ennio.
Sebastian Hinz Redaktion
Adam Wiltzie: Ein weiterer Beweis dafür, dass man mit etwas Gras und einem Delay-Pedal erstaunliche Ergebnisse erzielen kann. Ein völlig übersehener Trompeter aus der Miles-Davis-Ära.
Redaktion
Adam Wiltzie: Adam Wiltzie: Der großartige Glatzkopf, der eigentlich halb Belgier ist und dessen Rhythmusgefühl ich seit jeher teile. Es ist fast unmöglich, nur einen aus den Siebzigern auszuwählen.
Redaktion
Adam Wiltzie: Ich hatte gerade die High School in Santa Fe, New Mexico, abgeschlossen, war völlig pleite und obdachlos. Ich hatte eine Kassette mit diesem Juwel, und sie hat mich im folgenden Jahr buchstäblich am Leben gehalten. Ruhe in Frieden, Harold.
Redaktion
Adam Wiltzie: Ein Artefakt aus meiner Kindheit, das mir gezeigt hat, dass revolutionäre Experimente und Improvisation zu fesselnder, unvergesslicher Kunst führen können.
Redaktion
Adam Wiltzie: Die Könige der Collage und des Verbrennens von einer Million Pfund auf einer Wiese voller Schafe haben ein Meisterwerk der sample-lastigen Traumlandschaft geschaffen. Und die gute Nachricht ist, dass man noch immer Bootleg-Vinylkopien direkt von der Band selbst kaufen kann – alte Gewohnheiten lassen sich eben schwer ablegen.
Redaktion
Adam Wiltzie: Diese sympathischen Herren nahmen ihre Arbeit ernst, sich selbst jedoch nicht. Um es klar zu sagen: Vor fast 30 Jahren hatte ich genug von verschiedenen Künstlern, und dann traten sie in Houston, Texas, bei einer frühen Show von Stars Of the Lid in mein Leben, die bis heute zu den besten Konzerten gehört, die ich je erlebt habe. Aber meine Suche geht weiter.
Sebastian Hinz Redaktion
Adam Wiltzie: Niemand macht mehr anständige Solo-Klaviermusik, nur noch diesen traurigen Klavier-Wirbel-Müll, der deinen Algorithmus verschmutzt. Das war die erste Platte, in die ich mich nach unserem zufälligen Treffen in Italien 2007 verliebt habe. Darf ich »Fuck Piano Day« sagen? Ich nehme an, das wird ins geliebte Deutsche übersetzt, also warum nicht.
Redaktion
Adam Wiltzie:Zunächst eine Anmerkung: Wenn ich »wir« sage, meine ich auch Dustin, da wir beide diese Aufnahme sehr genossen haben und es sich außerdem um ein Vinyl-Geschenk zum 50. Geburtstag handelte, was auch immer das für unsere Gemeinschaft der Unglücklichen bedeuten mag. Ich habe zum ersten Mal von Eddies Comeback während der Aufnahmen zu »Invisible Cities« von unserer Band A Winged Victory For The Sullen gehört. Ich werde gar nicht erst auf seinen Erfolg in den frühen Neunzigern mit Charles & Eddie eingehen oder darauf, wo er 20 Jahre lang verschwunden war, bevor er in Los Feliz, Los Angeles, wieder auftauchte. Mr. Chacon hat zusammen mit dem Produzenten John Carrol Kirby ein Gefühl von kathartischer Einfachheit geschaffen. Es passiert nicht viel, nur ein trauriger Vater-Falsett, ein Fender Rhodes und ein Moog – offensichtlich zwei Menschen, die in diesen bitteren Zeiten eine unbestreitbare Verbindung zueinander haben. Ein exquisites Gebräu für die Apokalypse…
Sebastian Hinz