Label Watch: Albert’s Favourites

07.08.2025

Auf Albert's Favourites erscheint »synth heavy & soul inspired« Musik – oder aber die Lieblingsmusik von Freunden von Freunden von Freunden.

Immer wenn die Familie von Labelchef Adam Scrimshire mit dem Wohnmobil Richtung Wales aufbrach, durfte eins nicht fehlen: die Kassette, die Großvater Albert über die letzten Wochen aufgenommen hatte – nachdem er seine Enkel nach deren aktueller Lieblingsmusik gefragt, Alben gekauft und auf Kassette überspielt hatte. Der Gründungsmythos des Londoner Labels Albert’s Favourites klingt fast zu herzerwärmend, um wahr zu sein.

Doch, bestätigt Scrimshire im Zoom-Interview, genau so habe es sich Jahr für Jahr zugetragen. Übrigens auch schon eine Generation vorher, in der Jugend seiner Mutter. Diese Kassette hieß dann stets Albert’s Favourites. Weil die Lieblingssongs der Kinder auch die des Großvaters wurden. »Er war einfach ein großzügiger Typ, der anderen gerne eine Freude machte.«

Albert’s Favourites‘ Jonny Drop, Adam Scrimshire & Dave Koor at London Jazz Festival 2023

Allzu herausfordernd waren die Versöhnung der Generationen in Sachen Musikgeschmack bei ihnen allerdings auch nicht. »Wir hatten immer ähnliche Vorlieben: Jazz und Soul. Vom Motownsound der 1960er-Jahre bis zum vom Soul beeinflussten Pop der 1980er.« Eine ähnlich offenherzige Herangehensweise spiegelt sich auch im Output des Labels wider, das Adam Scrimshire zusammen mit Dave Koor und Jonny Drop vor zehn Jahren gründete: Albert’s Favourites. Entspannte Jazz-Vibes, Souliges, aber auch Electronica und Broken Beats.

Musik, die entspannen lässt und doch nicht simpel ist. Wie etwa Scrimshires eigenes Projekt Scrimshire, dessen jüngster Release Music For Autumn Lovers genau das bietet: Kopfkinomusik, die nachhallt wie ein Herbstspaziergang – mit entspannten Tracks, benannt nach Bäumen –, und doch versponnen und vertrackt genug, um mehr zu sein als eine Klangtapete.

Friends of friends

Das eigene Musikschaffen war ein Grund für die drei, das Label zu gründen. Als Scrimshire, heute Mitte 40, in seinen Zwanzigern begann, Musik zu produzieren – seinerzeit arbeitete er im Marketing, fernab der Musikindustrie –, nahm ihn Dom Servini, Labelchef von Wah Wah 45s und bis heute Resident-DJ im Londoner Jazz Café, unter seine Fittiche und führte ihn in die Labelarbeit ein. Die beiden arbeiteten ein gutes Jahrzehnt zusammen, bis Scrimshire Albert’s Favourites gründete, um musikalischen Ideen zu folgen, die nicht zu Wah Wah 45s passten.

Eine klar abgesteckte Nische bedient sein Label aber trotzdem nicht. »Ehrlich gesagt: Wir sind schlecht darin, dem Label ein klares Profil zu geben.« Eigentlich, so erzählt er, seien die Künstler:innen, die auf dem Label veröffentlichen, dort vor allem durch persönliche Kontakte gelandet. »Letztlich gehen unsere Signings immer zurück auf eine emotionale, intuitive Entscheidung. Wichtig ist, dass es uns anspricht.« Er sieht das Label nicht unbedingt als Teil der florierenden Londoner Jazzszene. »Verglichen mit weiten Teilen dieser Szene sind unsere Releases mellower. Zudem spielt Elektronik eine größere Rolle.«

»Letztlich gehen unsere Signings immer zurück auf eine emotionale, intuitive Entscheidung. Wichtig ist, dass es uns anspricht.«

Adam Scrimshire ist schlecht darin, seinem Label ein klares Profil zu geben.

Man könnte Albert’s Favourites als Label für Freund:innen von Freund:innen bezeichnen. Unser Zoom-Zeitfenster ist zu kurz für all die Geschichten, wer wen mit wem bekannt gemacht habe und bei welchem Konzert Scrimshire welch unglaubliche Performance erleben durfte. So habe, erzählt er, einer ihrer ersten Künstler, Huw Marc Bennett, sie mit Yusuf Ahmed bekannt gemacht. Und der brachte dann eben das Psychedelic-Jazz-Debüt Sound & Reason seiner Band Qwalia bei Albert’s Favourites heraus. Bennett hingegen lässt es klanglich ruhiger angehen. Geschmeidig verschmelzen bei ihm disparate Klangwelten: Cool Jazz mit Folk etwa, oder auch mit Dub. Zuletzt erschien von ihm Days Like Now (2023). Vom experimentellen Nu-Soul von Andrea Isabelle Phillips aka And Is Phi bis zum Eklektizismus des US-Produzenten Daedelus – trotz der gechillten Vibes beim Gros der Künstler:innen gibt es Raum für Experimente. Und Input aus der weiten Welt. Das Label-Netzwerk reicht bis auf andere Kontinente: Die Band Ronin Arkestra etwa stammt aus Tokio.

Mit wem sie arbeiten, entscheiden Scrimshire, Dave Koor und Jonny Drop gemeinsam; bei Businessentscheidungen hat Scrimshire allein den Hut auf. »Man muss heutzutage oft sehr schnell entscheiden.« Die Branche verändere sich in einem nie dagewesenen Tempo, dauernd seien moralische Aspekte abzuwägen – angefangen mit den Social-Media-Plattformen, an denen man heutzutage nicht mehr vorbeikommt. »In den nächsten fünf Jahren wird KI noch mehr auf den Kopf stellen.« Alles Beste also für die nächsten zehn Jahre – auf dass dieses sympathische Netzwerk solche Herausforderungen zu navigieren weiß.

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