Run the Jewels – No Mission

10.02.2014
Wir sprachen mit El-P und Killer Mike über die Möglichkeit von Innovation und warum man über Musik nicht zu viel reden darf. In diesem Sinne …

Run the Jewels sind El-P und Killer Mike. Der Zusammenschluss des New Yorker Producers und des Rappers aus Atlanta vor zwei Jahren mündete schließlich in ihrem selbstbetitelten Debüt, das sie zur Veröffentlichung als kostenlosen Download online stellten. Nach zahlreichen erfolgreichen Soloalben sei das auch ein Weg gewesen, etwas an die Fans zurück zu geben. Zwischen der Geschlossenheit eines Albums und dem Flow eines Mixtapes zeigt »Run the Jewels« beide Künstler leichtfüßiger und verspielter als zuletzt auf ihren eigenen Alben. Wir sprachen mit El-P und Killer Mike über die Möglichkeit von Innovation und warum man über Musik nicht zu viel reden darf. In diesem Sinne:

hhv.de mag: Ihr habt vor zwei Jahren begonnen, zusammenzuarbeiten. Würdet ihr sagen, dass es davor auch schon Parallelen in eurer Arbeit gab – ihr euch schon gegenseitig inspiriert habt, bevor ich euch getroffen habt?
El-P: Als wir uns kennenlernten, haben wir jedenfalls schnell gemerkt, dass wir mit vielen ähnlichen Inspirationen aufgewachsen sind. Wir waren empfänglich für ähnliche Themen, hatten die gleichen Helden und hatten – obwohl wir in zwei vollkommen verschiedenen Teilen und Kulturen des Landes aufgewachsen sind – irgendwie eine Erfahrung gemeinsam. Das war eine starke Basis für die ganze musikalische Zusammenarbeit.

Daher auch die LL Cool J Referenz im Namen?
El-P: Es war uns in dem Moment vielleicht nicht so bewusst, aber Mike hat die Referenz sofort verstanden, also ja, da ist was dran.

»Wahrheit kann man nicht simulieren oder plagiieren. Bei Mike spüre ich die Wahrheit, und selbst dann, wenn es nur um das Erschießen eines Pudels geht.«

Killer Mike
Mike, du hast viele politische Tracks gemacht. Denkst du, dass Musik die Kraft zur Veränderung hat?
Killer Mike: Ich bin kein Politikexperte, ich sehe es mehr als einen sozialen Kommentar. Wenn ich meinen Mund aufmache, kommt das so heraus, es ist ein Teil von mir und ich will es sagen.
El-P: Ich sage es mal so: Die Bücher, die ich gelesen habe, die Filme, die ich gesehen habe, die Comics, die Musik, all das hat mir die Welt eröffnet, es hat verändert, wie ich über die Dinge denke. Also ja, ich denke das Kunst die Menschen verändert.
Killer Mike:* Wir haben sehr bescheidene Ziele. Unser Ziel ist es, uns selbst auszudrücken, aber danach findet die Übertragung in anderen statt. Unser Job ist es uns auszudrücken. Wir werden vielleicht keine bahnbrechenden Ideen haben, aber die Funktion von Schreibern ist es ja auch nicht, neue Ideen zu haben, sondern eine Perspektive zu bieten, zu der man sich in Beziehung setzen kann. Du kannst ein Konzept verstehen, aber du kannst es nicht fühlen, bis es so ausgedrückt wird, dass es etwas mit dir zu tun hat. Aber das ist auch nicht unsere größte Sorge. Nicht, dass es mir egal ist, aber ich mache Musik, weil ich schreiben muss, weil ich diese Gedanken da raus tragen will. Ich bin auf keiner Mission.

Kann Musik überhaupt innovativ sein? Wiederholt sie sich nicht im Kern immer wieder, nur die Werkzeuge und Instrumente verändern sich?
El-P: Ich glaube, es gibt Innovation. Man kann etwas auf eine originelle, neue Art machen. Aber ich glaube nicht, dass die Aufgabe von Musik Innovation sein sollte. Wenn ich produziere, versuche ich mich selbst zum Lächeln zu bringen. Denn, wenn ich das geschafft habe, dann entdecke ich auch meistens etwas Neues oder erreiche etwas, das ich schon lange erreichen wollte. Die Innovation ist dann höchstens ein Nebeneffekt.

Das Ganze hat ja zwei Seiten. Die Platte ist auf der einen Seite fresh, die Produktion ist state of the art, die Art ,wie du mit Samples umgehst, all das… Auf der anderen Seite ist die lyrische Seite doch viel zeitloser. Die Geschichten, die ihr erzählt, sind ja nicht neu, aber nur weil es fresh klingt, wird euch überhaupt zugehört, oder?
El-P: Ja, ich denke, es gibt keine Geschichten, die nicht schon erzählt wurden sind. Wir sind nicht alle diese unglaublich einzigartigen Schneeflocken. Aber wir können alle gleich fühlen und wir haben verschiedene Perspektiven auf das, was diese Geschichten bedeuten. Wenn man eine zu starke Richtlinie hat, ein zu strenges Konzept, dann versaust du es. Mike und ich versuchen neue Musik zu machen, aber nicht im universellen Sinne – nur neu für uns. Es geht nie nur um mich oder nur um ihn, die besten Sachen drehen sich um uns beide. Es ist gefährlich zu glauben, das es eine Erklärung für Musik gibt. Ich glaube, es gibt keine. Wenn du einfach versuchst, etwas Schönes zu machen, das kann etwas verändern, oder auch nicht, aber das Wichtige ist, dass es schön ist. Jemand kann etwas machen, das sehr fresh klingt, aber auf der ältesten Idee der Musikgeschichte überhaupt basiert. Man wird die Wahrheit darin spüren. Wahrheit kann man nicht simulieren oder plagiieren. Bei Mike spüre ich die Wahrheit, und selbst dann, wenn es nur um das Erschießen eines Pudels geht. Das ist ein Humor, eine Wahrheit, mit der ich mich assoziieren kann. Es ist ein Moment, der uns verbindet. Musik sollte man nicht erklären, man sollte sie fühlen.

Sollte man überhaupt über Musik sprechen?
El-P: Ich bin nicht sicher. Aber ich glaube nicht, dass es Zeitverschwendung ist, ein Gespräch zu führen. Wir lieben es jedenfalls. Aber werden wir neue Antworten finden? Wahrscheinlich keine universellen, aber wir werden eine andere Perspektive einnehmen. So, jetzt halte ich die Klappe und lasse Mike antworten.

Habt ihr eigentlich ein Sample-Archiv, mit all dem, was ihr so über die Jahre gesamplet habt, auf das ihr permanent zurück greift?
Killer Mike: Ich habe das beste musikalische Werkzeug überhaupt. Es heißt El-P und ist mein Freund. Wenn ich Beats mache, nehme ich das Telefon. Dann rufe ich El-P an und frage: »Hast du schon Beats gemacht?« Und meistens sagt er: »Ja, ich arbeite dran«. Das Musikmachen war also sehr einfach in den letzten beiden Jahren. Die Methode ist ein bisschen antiquiert, aber sehr zuverlässig.