RYAT – Die »Zone« ist das Ziel

04.10.2012
Foto:Malte Seidel
Zwei Jahre nach ihrer wenig beachteten Avantgarde Pop-Platte, veröffentlicht RYAT mit »Totem« ein tiefes, spirituelles Werk, das ihre Qualitäten als Komponistin und Musikerin geradezu entfesselt.

Das Totem ist in der indianischen Tradition ein sehr individueller Gegenstand, er kann nicht übertragen werden, die Tiere, die in ihm dargestellt werden, stehen für verschiedene Ratschläge und Wegweiser, die der Mensch erhalten hat, es ist eine Art persönlicher Schutzgeist und repräsentiert in seiner Prozesshaftigkeit die Verwandtschaftsbeziehungen, die Herkunft, etwa wie der Nachname in westlichen Kulturen. »Ein Totem besteht aus verschiedenen Tieren, die dich durch bestimmte Dinge im Leben geleitet haben und dir einen Rat gegeben haben und während ich am Album schrieb sind einige Tiere zu mir gekommen und ein jedes Mal war es genau der Rat, den ich gebraucht habe. Das war wirklich komisch, aber zugleich sehr schön.«, sagt RYAT, Multi-Instrumentalistin und Sängerin aus Philadelphia, die kürzlich ihre Heimat für die kalifornische Westküste in L.A. eingetauscht hat.

Es ist zwei Jahre nach »Avant Gold« wohl auch diesen privaten Umbrüchen und Transformationen geschuldet, dass »Totem« eine sehr intime, private Platte der Selbstvergewisserung geworden ist. Während sie sich bei ihrem Debüt von vornherein dem Ziel verschrieben hatte, eine Avant-Pop-Platte zu machen und ihr dies mit Tracks wie »In My Face« und »Not For This Lifetime« irgendwo zwischen The ‪Dø‬ und Lykke Li eindrucksvoll gelang, ist bei »Totem« zwei Jahre später die Produktionsweise vollkommen gegensätzlich. »Wir haben das Album damals in drei Wochen aufgenommen, bei »Totem« hingegen war immer klar, dass es eine Reise werden würde« So entstand das Album zunächst als instrumentale Platte, bei der sie nicht genau wusste, wohin diese Reise geht. Erst in den letzten beiden Monaten der langen Suche nach der richtigen musikalischen Sprache, fügten sich die Songs durch das Totem-Konzept zusammen. Tracks wie »Sea Horse«, »Owl« oder »Hummingbird« zeugen davon. RYAT verbindet auf virtuose Weise akustische Elemente mit elektronischen (»Howl« darf hier als zentraler Track des Albums gelten), sie kaschiert ihren Jazz-Hintergrund nie, doch scheint dennoch frei von ihm. Es ist diese stetige Suche nach dieser Balance, dieser Selbstvergewisserung, die das neue Werk durchzieht. Und obwohl sie auf »Totem« ihre Stimme zum Hauptinstrument ernennt, schafft sie diesen Spagat auch dank einer ganzen Reihe von Jazz-Musikern aus ihrer Zeit in Philadelphia: »Wenn du mit diesen Typen spielst, brauchst du keine Sorge haben, dass diese Kombination aus elektronischen und akustischen Elementen nicht funktionieren könnte. Sie spielen von Natur aus so organisch und sind zugleich technisch so gut. Sie spüren jeden Sound, eine Synthese wie diese macht ihnen nichts aus. Die Synthese macht auch mir nichts aus, im Gegenteil, sie bringt mich in einen speziellen Modus, eine ›Zone‹. Es ist harte Arbeit und es hat lange gedauert, bis ich beides zugleich konnte.«

Wenn RYAT diese entscheidenden künstlerischen Momente der Inspiration, der Momente, in denen aus einer Konfusion plötzlich so etwas wie eine Richtung entsteht versucht zu beschreiben, benutzt sie dieses Wort sehr oft: »Zone«. Es ist dieser schmale Grat, dieser verschwindend geringe musische Bereich menschlicher Existenz, in dem ein gutes Kunstwerk entstehen kann. Um diese Zone zu betreten, muss man bereits sein, sich einer Transformation zu unterziehen. Einiges spricht dafür, dass RYAT das mit »Totem« für einige fruchtbare Momente lang gelungen ist.

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