New Record Labels – Big Crown, CinCin, Defrostatica und Repitch

Jeden Monat stellen wir euch Labels vor, die neu bei uns im Shop vertreten sind und/oder deren Entdeckung sich lohnt. Die Auserwählten diesmal: Big Crown, CinCin, Defrostatica und Repitch
Big Crown Records ist ein 2016 von Leon Michels und Danny Akalepse gegründetes Plattenlabel aus New York City. Die beiden kennen sich von Truth & Soul Records – einem von Leon Michels mitbegründetem Label, bei dem Danny Akalepse arbeitete. Besonders für Funk und Soul bekannt, schaffte es das Label sich eine Nische zu erarbeiten, doch Michels und Akalepse reichte das nicht. »Wir waren über Truth & Soul hinausgewachsen. Das Label war für eine Sache bekannt und war für uns durch. Also starteten wir Big Crown, weil wir es lieben Platten zu machen und ein neues Label brauchten, auf dem wir einen Neuanfang mit einem breiteren Spektrum an Musik machen konnten.« Das heißt für Akalepse und Michels, dass eben nicht nur der altbewährte Retro-Funk mit dem analogen Sound, sondern auch Reissues, Indie-Rock oder R’n’B auf Big Crown Records Platz finden. Die Kontinuität wird dabei durch den Geschmack der Besitzer gewährleistet: »Unser einziger Anspruch an Musik auf dem Label ist, dass wir sie mögen. Wenn eine Platte dope ist, dann ist sie dope, egal wie sie gemacht wurde. Ich weiß nicht, ob jeder den roten Faden erkennen wird, aber es gibt ihn.«_

Ein paar Monate nach Gründung des Labels ist klar: die beiden meinen es ernst. »Wir haben jetzt 14 Releases veröffentlicht, aber noch über 50 in Planung.« Aber auch wenn Big Crown ein Neustart sein soll, sind natürlich einige von Truth & Soul bekannte Protagonisten wieder an Bord, zum Beispiel die Bacao Rhythm & Steel Band aus Hamburg oder El Michels Affair, deren Bandleader Leon Michels ist. Auch Neuveröffentlichungen werden nicht zu kurz kommen: _»Wir haben haufenweise Reissues in Planung, allerdings wollen wir einen Schritt weiter gehen und das Ganze gemeinsam mit neu aufgenommener Musik veröffentlichen.«_ NF

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Cin Cin Records ist ein 2015 von Michael Greene (Fort Romeau) und Ali Tillet gegründetes, britisches Label aus London. Alle Veröffentlichungen auf CinCin sind Splits zwischen zwei verschiedenen Produzentinnen und Produzenten.

Als vielbeschäftigte DJs denken Michael Greene und Ali Tillet selbstverständlich auch dann noch pragmatisch, wenn sie sich einen kleinen Traum erfüllen. »Als DJs habe ich Split-12inches schon geliebt. Du bekommst einfach mehr gut Musik auf einer Platte! Das ist auch toll, um Rückenbeschwerden vorzubeugen. Also lässt sich wohl sagen, dass ich Cin Cin gegründet habe, um meinen Rücken zu schonen und das DJing etwas effektiver zu gestalten«, lacht Greene in Hinsicht auf das recht ungewöhnliche Konzept des Labels. Je zwei Personen tragen Tracks bei, das titelgebende Zuprosten ist also ein musikalisches. Den Auftakt machte Greene selbst und lud dafür den Nick Höppner, Resident der Panorama Bar in Berlin, auf ein Gläschen House-Musik ein. Aber nach welchen Kriterien wird eigentlich kombiniert? »Wir wollen keinesfalls die Plattenseiten zu genau aufeinander abstimmen, es braucht allerdings schon eine Art Synergie zwischen den Künstlern«, erklärt Greene. So erklärt sich auf einer Schallplatte das Miteinander von rumpeligen EBM-Einflüssen des anonymen Produzenten V einerseits und dem fokussierten Sound Rippertons andererseits.

Nichtsdestotrotz bleibt CinCin weitestgehend dem Floor verschrieben, und den kennen sowohl Greene als auch Tillet, der in London die Partyreihe Warm veranstaltet, wie ihre Westentasche. Das Roster des Labels bezieht sich deswegen vor allem aus dem gemeinsamen internationalen Freundeskreis. »Das ist natürlich der erste Anlaufhafen: Freunde und Produzenten, die wir verehren und mit denen uns auch darüber hinaus etwas verbindet«, sagt Greene. Dass die beiden Betreiber mit ihrem Label allerdings noch weit mehr vorhaben, wird sich am Artwork zeigen. Waren die rückenschonenden Releases zuerst so minimalistisch wie möglich gehalten, soll sich dort ebenfalls etwas tun. »Das war schon unsere ursprüngliche Philosophie«, räumt Greene ein. »Ich denke aber, dass wir mit der Zeit den visuellen Aspekt ausbauen werden, weil es uns eine vertane Chance scheint angesichts der Tatsache, wie visuell das Medium ist.« Das wird aber sicherlich nichts daran ändern, dass es auf CinCin weiterhin ebenso physiotherapeutisch wie platzsparend gedacht wird, was die Kuration der geselligen 12inch-Serie anbelangt. KC

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Defrostatica ist ein 2015 von den DJs Booga und Kords+Kajal betriebenes, deutsches Plattenlabel aus Leipzig. »Breakbeats sind meine Leidenschaft, egal ob 140, 160 oder 170bpm«, erklärt Booga, der Mitte der 1990er Jahre seinen ersten Gig mit Drum’n’Bass und Jungle bestritt. Seitdem hat er sich nicht nur als Produzent, Remixer und DJ, sondern auch als Veranstalter betätigt und immer wieder mit Kords+Kajal zusammengearbeitet, die ihre eigene Radioshow auf Radio Blau in Leipzig hostet und als Bookerin im Traditionsclub Distillery tätig ist. Den Anstoß für das ursprünglich von Booga gegründete Label lieferte ein Track des ebenfalls in Leipzig ansässigen Produzenten Kator, der mit »Connor« und »Get Stacked« die ersten beiden Katalognummern im Hause Defrostatica besetzte. Obwohl Leipzig in den letzten Jahren eher mit einer starken House- und Techno-Szene auf sich aufmerksam machte: Breakbeats sind ebenso Teil der städtischen DNS, wie der Gründer der Netzwerke Breaks und It’s Your erzählt. »Leipzig hatte ab Mitte und Ende der Neunziger eine starke Jungle- und Drum’n’Bass-Szene, die musikalisch leftfield war. In Clubs wie der Distillery und Conne Island war über die Jahre praktisch die gesamte UK-Liga zu Besuch. Mit dieser Sozialisierung, an der wir auch aktiv teilgenommen haben, hat sich in den letzten fünf Jahren ganz natürlich Juke und Footwork angefühlt.«_

So entwickelt sich Defrostatica auch »dominoartig«, wie Booga es nennt, weiter. Durch ihre Promotion-Arbeit sind beide international vernetzt und haben Kontakte zu DJ Storm, der mittlerweile verstorbenen Kemistry oder dem bereits vom legendären Metalheadz-Label gesigneten Produzenten Kiat geknüpft. Der Singapurer übernimmt bei Defrostatica das Design der Schallplatten und ist mittlerweile auch mit seinen eigenen Produktionen Teil des Rosters geworden. Gemastert wird hingegen in Finnland vom Produzenten Fanu, weitere Verbindungen führen nach Frankfurt zu Kabuki, der gemeinsam mit Drum’n’Bass-Legende dBridge in Berlin Partys organisiert. Ein kleines Label aus Leipzig wird zum internationalen Projekt. Was aber macht ein Defrostatica-Release eigentlich aus? »Wir stehen auf innovativen, grenzsprengenden Scheiß«, sagt Booga nüchtern. »Vor allem zählt der Vibe eines Tunes.« Dass diese Tunes aber richtig präsentiert werden, darauf legen Booga und Kords+Kajal viel wert. »Do it yourself ist unsere Methode«, betont Booga. Und was steckt dahinter? »Wir stehen auf den Tune von The Streets, ›Let’s Push Things Forward‹. Mehr Philosophie braucht es nicht.« Die kommt dann eben manchmal mit 140, 160 oder aber 170bpm daher. KC

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Repitch ist ein 2011 von den italienischen Produzenten Ascion, D. Carbone und Shapednoise gegründetes Plattenlabel aus Berlin. Obwohl der musikalische Referenzrahmen der drei Wahlberliner weitestgehend im Techno liegt, sollte Repitch von Anfang eins nicht sein: Eine Abschussrampe für trendige Club-Tools. »Wir wollen Projekte etablieren, hinter denen eine Vision steht, die sich nicht in der Komfortzone bewegen, um so mit der Szene anzubandeln, oder eben dasselbe Spiel wie alle anderen spielen«_. Eine klare Ansage, die sich im Sound von Repitch deutlich widerspiegelt: Industrial- und Noise-Elemente sind hier nicht allein Zierde, sondern überwiegen zum Teil. So ergibt sich auch personell ein anderes Gesamtbild als das auf konventionellen 12"s-Labels der Fall ist. Auf die im Techno sedimentierte Buddy-Kultur wird nämlich zugleich ebenso wenig Rücksicht genommen, neue Musik wird eher nach strikten Qualitätskriterien über das Netz akquiriert.

Neben Beiträgen von den drei Gründern – von denen sich Ascion & D. Carbone gemeinsam mit Lucindo auf ihrem zweiten Label 3TH noch eher in konventionellen Techno-Kontexten bewegen – setzt das Label vor allem auf Kollaborationen. Die erste Katalognummer gehörte gleich Markus Suckut und Marcelus, zwischen Solo-Releases von AnD, Mike Parker oder Violet Poison sticht aber vor allem die »Features«-Serie heraus. Auf den Covern der Releases werden die übereinander geschichteten Gesichter der Teilnehmer zu einem Ganzen verschmolzen. »Das drückt unsere Vorstellung von der Musik und ihrem Zusammenspiel mit den grafischen Elementen genauso aus wie unseren Schwerpunkt darauf, verschiedene Menschen mit verschiedenen Ideen zusammenzubringen«, heißt es von Labelseite in Hinsicht auf das von Ascion konzeptionierte Projekt. Denn wenn das Artwork stimmt, kann sich die Message hinter der Musik schließlich auch besser entfalten, sagen Repitch. Die steht letztlich im Vordergrund, Szenebedürfnisse hin oder her. KC

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