Der Titel verrät es schon: Andreas neues Album Living Room brettert nicht über den Dancefloor, sondern sieht sich eher in der Tradition von Warps epochemachender Compilation Artificial Intelligence. Heißt: Ob Roboter oder nicht – Living Room genießt man am besten als Armchair-Raver. Moderates Tempo, man könnte ja noch, so man denn wollte.
Das erste Highlight markiert »Lorraa« an dritter Stelle: ein Stück, das seine Faszination aus gebrochenem Rhythmus, Stille als Stilmittel und schwabbligen Bässen zieht – und tatsächlich könnte, so es denn wollte. Andreas Ansatz vermittelt sich aber auch auf dem Rest des Albums klar, was vor allem an der taktilen Soundästhetik des Italieners liegt. In jeder Anspielstation gibt es feine Nuancen zu entdecken, die den Ohren im natürlichen Habitat der Clubmusik nur allzu oft entgehen; gewissermaßen haben wir es hier mit dem Open Ground unter den Bass-Music-Alben zu tun: wattiert, samten, exzess-avers.
Der Detailreichtum, der etwa über den Pads von »Reactions« knistert und immer weiter fort trägt, geerdet nur von einzelnen Strings, beeindruckt. »Texture End« oder »Olderback« klängen sicherlich hoffnungslos überladen, hätte Andrea sein Handwerk nicht derart gemeistert, dass selbst insektoide Dub-Chords reibungslos durchs Stereofeld fliegen. So findet sich auf dieser LP nicht nur überwältigende Musik für überwältigende Momente im eigenen Gehirn, sondern auch haufenweise Futter für nerdige Ambient-Intros und Radio-DJs, die nicht ohne können.

Living Room