Zu spät oder doch zeitgemäß? Vor dem Hintergrund experimenteller Ravekultur und den mittlerweile wieder prominenten Ausläufern von IDM, wirken die viszeralen Breakbeats des Stenny-Debüts vielleicht erst auf den zweiten Blick besonders. Seit jeher zuhause beim Zenker-Label Ilian Tape erprobte der gebürtige Italiener in den letzten sechs Jahren auf einem halben Dutzend EPs tanzbare bis hypnotische Produktionen zunehmend feinfühliger. Da war etwa der gelungene Split »Vostok Smokescreen« mit seinem Landsmann und Labelkollegen Andrea, einem DJ aus Turin, der genau wie Stenny funkelnde Wattepads mit melodischen Motiven auszuschmücken versteht. Oder die EPs »Solstice Deity«, »Hagale« und »Consume IV«, auf denen teilweise generischer Tagtraumtechno, aber auch schon recht eigenständige Signaturen präsentiert wurden. Erst mit den »Old Bad Habits« und dem im letzten Frühjahr veröffentlichten »Stress Test« gerann die konzise Repetition wieder zu brüchigen Rhythmen, die das eigentliche Talent des mittlerweile Wahlmüncheners offenbaren und mit »Upsurge« nun tatsächlich den Titel gebenden Aufschwung erleben. Ebenso steil wie sublim geht es nach oben. Denn die zwölf Titel dieses Albums setzen das altbekannte Prinzip des weniger ist mehr so kunstfertig um, wie zuletzt vielleicht nur Skee Masks auch via Ilian Tape veröffentlichtes Zweitwerk »Compro« – Vergleiche drängen sich hier nicht nur durch die Label-Verwandtschaft in fast jedem Track auf. Wie das meditativ anschwellende »Detraction« oder die irgendwo zwischen dubbigen Tiefen und µ-Ziq-Synths säuselnden »Blind Corners« aber von Stenny durchdekliniert werden, verdient gesonderte Aufmerksamkeit. Auch krosse Amen Breaks á la »Swordfish« oder »Fast Fade« beherrscht er mittlerweile aus dem Effeff und ringt ihnen tatsächlich moderne, urbane, aufwühlende Qualitäten ab. Doch es sind die sinnlich benannten Tracks dieser Platte – das aquatische »Water Maze«, der taubenetzte Sonnenaufgang in »Sensitive Habitat«, die kalte Oktobergänsehaut des pulsierenden »Psygraph« – die »Upsurge« zu einem vielleicht weniger zeitgemäßen, als viel mehr zeitlosen Grower formen. Konzentriertes Hören lohnt.
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