Review

Bing & Ruth

No Home Of The Mind

4AD • 2017

Im Kosmos der klavierbasierten Post-Klassik jüngerer Zeit nimmt das New Yorker Projekt Bing & Ruth um den Pianisten David Moore bis heute eine Sonderstellung ein. Nicht, dass ihr Ansatz, fließend-ruhige Klavierpassagen unter großflächigem Einsatz von Arpeggien mit Ambientklängen von akustischen wie elektronischen Instrumenten zu kombinieren, sich grundsätzlich von anderen Musikern dieser Richtung unterschiede. Doch Moore und seine Mitstreiter sind spezialisiert auf eine ganz eigene, höchst diffuse Stimmung, die unablässig zwischen elegisch, bedrohlich und gelöst hin und her huscht. Das bewahrt sie vor triefiger Sentimentalität, zieht in ihre übersichtlichen Strukturen eine Ebene der Ambivalenz ein, die nah an den Strategien der Filmmusik operiert, ohne die Eigenständigkeit der Musik zu opfern. Bilder braucht es hierzu keine, die stellen sich von selbst ein. Diesmal dienten Moore ganze 17 verschiedene Klaviere mit ihren Klang- und Spieleigenschaften als Inspiration. Die Besetzung hingegen ist auf »No Home of the Mind« noch einmal kleiner geworden: Für die Aufnahmen, die an zwei Tagen mit einem Minimum an Takes pro Stück gemacht wurden, reduzierte Moore das Ensemble von zuletzt sieben auf fünf Spieler. Die suggestive Wirkung ihrer Kammermusik schwächt das keineswegs, einzelne Elemente treten diesmal lediglich klarer hervor. So klar das bei Bing & Ruth überhaupt sein kann. Oder soll.