Review

Christoph De Babalon

Leaving Time

Super Hexagon • 2022

Jan-Christoph Wolter ist seit geraumer Zeit wieder sehr aktiv und tatsächlich scheint die Welt auch mehr als bereit für neues Material von Christoph de Babalon. Endlich, heißt das wohl, denn Alben wie »If You’re Into It, I’m Out Of It« waren ihrer Zeit in musikalischer und klanglicher Hinsicht Lichtjahre voraus. Auf eine EP für AD 93 im Vorjahr folgen nun auf Super Hexagon vier Tracks, die für seine Verhältnisse fast zurückhaltend klingen. »The Upper Hand« rollt einen Midtempo-Breakbeat über einem grummelnden Drone-Klangbett aus und nimmt erst gegen Ende hin an Dynamik zu, »I Trusted You« ist eine Art Breakcore-IDM-Hybrid mit melancholischer und doch warmer Note. Indem er den Fokus auf die Atmosphäre legt, unterstreicht Wolter auch seine Qualitäten als Sounddesigner – das Klangbild ist selbst in musikalisch reduzierten Momenten wunderbar detailliert. Auf der Flipside überlädt er es dann auf »Steps Into Solitude« mit einem der miesesten Subbässe diesseits eines The-Bug-Live-Sets. Und doch spielt der Track mit Dynamiken, die er durch abrupte Wechsel voneinander trennt: das brummige Crescendo führt ins Nirgendwo, die zurückhaltenden Rhythmen und wirbelnden Chords des anderen Teils verselbstständigen sich nie. Ein sonderbares Stück Musik, das aus zwei sehr verschiedenen Teilen besteht, die erst gegen Ende hin zueinander finden. »Got to Let Go« integriert seine tonangebenden Kontraste – getragene Orgel-Töne und ein unruhiger Breakcore-Beat – da schon konsequenter. Damit schließt »Leaving Time« auf der aufreibend-dystopischen Note, die das Schaffen von Christoph de Babalon schon immer ausmachte und die heutzutage noch etwas dringlicher klingt als je zuvor.