Review

Computer Graphics

CCCP

Diskotopia • 2015

Wir leiden unter einer merkwürdigen Krankheit. Sie nennt sich Archivfieber und wurde zuerst vom französischen Philosophen Jacques Derrida entdeckt. Wir lagern unser Gedächtnis in elektronische Medien aus und entdecken nie erlebte Erinnerungen in anderen. »CCCP«, die zweite EP, die Alexey Devyanin (auch bekannt unter dem Namen Pixelord) unter dem Pseudonym Computer Graphics veröffentlicht, glüht geradezu vor diesem Fieber. Inspiration für die fünf verrauschten Tracks fand der russischer Producer in alten wissenschaftlichen und gesellschaftlichen Videos, Trickfilmen und auf Kassetten aus der Sowjetzeit. Das ist mehr als deutlich, vielleicht etwas zu deutlich zu hören. Durch die knisternden, entspannt dahinpluckernden Tracks geistern ab und an Stimmen und Signale, die inmitten dieser organischen House-Grooves als Fremdkörper auftreten. So warm und gefällig die Musik von Computer Graphics auch klingt, es durchzieht sie eine unheimliche Atmosphäre. Es ist, als würde es unter den vielen Schichten nebeligen Tape-Rauschens vor den Geistern der Vergangenheit nur so wimmeln. Doch hat das Archivfieber Devyanin etwas zu sehr mitgenommen: Mit »CCCP« übertreibt er es etwas zu sehr mit der Ästhetisierung seines Konzepts. Der krasse Gegensatz zwischen der Soulfulness seines House-Entwurfs und dessen metamedialer Zerfaserung würde umso besser zünden, wenn er der Musik den Vorrang ließe.

Im HHV Shop kaufen