Review

Crazy Temple

Crazy Temple EP

Avec Plaisir • 2024

Auf der Suche nach möglichst obskuren Bands und Aufnahmen muss man nicht immer bis nach Afrika, Südamerika oder Japan reisen. Auch ein etwas genauerer Blick ins Oberösterreich der späten 1970er-Jahre kann Überraschendes zutage fördern: etwa den ebenso authentischen wie charmanten Progressive Rock von Crazy Temple. Die Band um Günter Schiller und Herbert Bachinger hatte zwar nicht lange Bestand und veröffentlichte damals nur eine Kassette und eine 7-Inch-Single, doch da ein Teil von Crazy Temple in den Ebensee Studios beschäftigt war, entstanden dort recht hochwertige Aufnahmen, die nun erstmals gesammelt vorliegen. Den leider nur sechs Songs hört man sowohl die Vorbilder als auch die Entstehungszeit deutlich an. Bands wie Deep Purple, Emerson, Lake & Palmer oder King Crimson standen eindeutig Pate für den Sound: Bluesige Gitarrenriffs, hymnische Gesangslinien und sehr präsente Orgeln und Analogsynths prägen das Klangbild, das noch einem sehr klassischen Ansatz von Rockstartum folgt. Ironische Distanz sucht man hier vergebens, und dass es so etwas wie Punk oder Disco gibt, scheint sich damals auch noch nicht bis zum Traunsee herumgesprochen zu haben. Mit gleich zwei Edits, die den Four-to-the-Floor-Beat des wohl stärksten Songs »Homecomer« akzentuieren, versucht Avec-Plaisir-Labelchefin Frinda di Lanco dann doch noch ein wenig Proto-Disco aus Crazy Temple herauszukitzeln.