Review

Devendra Banhart & Noah Georgeson

Refuge

Dead Oceans • 2021

Innere Einkehr, Achtsamkeit und Seelenfrieden haben wohl viele Menschen in letzter Zeit gesucht – klar, im Lockdown ist man oft auf sich selbst zurückgeworfen und schaut eher nach innen, wenn man nicht raus darf. Dass Devendra Banhart zusammen mit seinem langjährigen Produzenten Noah Georgeson mit »Refuge« nun ein lupenreines New-Age-Album aufgenommen hat, passt also erstmal wunderbar in unsere Zeit, überrascht aufgrund seiner Konsequenz dann aber doch. Obwohl Banhart schon immer spirituell angehaucht war und seit Jahren den Buddhismus praktiziert, haben diese 12 Tracks aus fragilen Klavier-Arpeggios, sakralen Ambient-Flächen, Naturgeräuschen und cineastischen Streichern rein gar nichts mit seinen Freak-Folk-Anfängen oder seiner anschließenden Hinwendung zum Psych-Pop gemein. Nicht einmal Devendra Banharts charismatische Stimme erklingt während der einstündigen Spielzeit. Stattdessen fügt Sharon Salzberg, die das Konzept der Achtsamkeit im Westen erst bekannt machte, am Ende von »Sky Burial« eine kurze geleitete Meditation an. Passend dazu erscheinen zwei Tracks exklusiv auf der Schlaf- und Meditations-App Calm. Doch »Refuge« unterwirft sich weder der strengen Schematik von Ambient noch dem reinen Funktionalismus von Hintergrund- oder Meditationsmusik. Selbstversenkung im gewöhnlichen Wohlklang geht hier nicht lange gut, weil die Kompositionen dafür dann doch zu viele Ideen und überraschende Wendungen parat haben. Runterkommen und nach innen Horchen kann man mit »Refuge« zwar wunderbar, man sollte dabei aber immer die Ohren gespitzt halten.