Review

Divide & Dissolve

Systemic

Invada • 2023

In den ersten paar Minuten von »Systemic« ist überhaupt nicht abzusehen, worum es auf diesem Album musikalisch und inhaltlich gehen wird. Seinen Anfang nimmt es mit überwältigend lauten, geloopten Orchester-Samples, nach nur zwei Minuten aber wird es wesentlich stiller – ein Saxofon und Theremin-ähnliche Klänge umtänzeln einander zu Beginn des zweiten Stücks. Dann poltert eine stark verzerrte E-Gitarre rein, spielt das Schlagzeug ein schepperndes Fill-in: It’s doom o’clock. Oder zumindest ist die überwiegend instrumental gehaltene Musik von Saxofonistin und Gitarristin Takiaya Reed und Schlagzeugerin Sylvie Nehill wohl am ehesten mit Doom Metal zu vergleichen, wobei sie es in den seltensten Fällen bei gewaltigen Riffs und donnernden Drums belässt. Geistesverwandt sind am ehesten Bands wie BIG|BRAVE, die die bloße Überwältigungsmusik immer nur als Grundlage für weiterführende Abenteuer verstehen, oder Feminazgul, die atmosphärisch angereicherten Metal dezidiert politisch denken. Und so ertönen auf diesem vierten Album von Divide & Dissolve immer wieder Instrumente, die Metal-unüblich sind und auf »Kingdom of Fear« sogar dann doch eine Stimme. Minori Sanchiz-Fung war bereits auf Vorgängeralben zu hören war und fasst hier in poetische Worte, worum es auf dem sonst wortlosen »Systemic« geht: Koloniale Gewalt, Entrechtung und Ausgrenzung von vor allem indigenen Menschen. Divide & Dissolve sprechen das nicht direkt in ihr an, drücken es aber mit einer Musik aus, die deshalb umso eindrücklicher wirkt.