Review

Electric Wizard

Dopethrone

Rise Above • 2020

Als Jos Oborn, Tim Bagshaw und Mark Greening im Frühjahr 2000 das Chuckalumba-Studio im britischen Dorset buchten, beschränkte sich der Plan aufs Einspielen dreier Songs für eine neue EP. Das Trio kampierte vor dem Studio, war finanziell und mental ausgebrannt, hatte mit sich zu kämpfen. Jeden Morgen nach dem Aufstehen wurden drei, vier Köpfe durch die Bong geknüppelt, um sich anschließend bis zum Umfallen in stundenlangen Jams zu ergehen. Warum sonst in einer Band spielen? Purer Weltekel und Alltagsnihilismus, befeuert durch Frustration über die eigenen Vollzeit-Jobs sowie bandinterne Querelen, die seit dem bahnbrechenden »Come My Fanatics…« von ’97 nur gewachsen waren, hinterließen bei allen Spuren und flossen nun unweigerlich in die Entstehung dessen ein, was in wenigen Tagen von einer EP zu einem einstündigen Album anschwellen sollte. »Wir hatten alle mit Alkoholismus und anderen Suchtproblemen zu tun, und es war purer Hass. Wir gegen die Welt. Wir wollten einfach das ekelhafteste, fauligste, verdorbenste Album der Geschichte machen«, erinnerte sich Oborn vor Jahren mal in einem Interview. Wie der Einfluss eines schalkhaften Mephistos, tätowieren Misanthropie und Fatalismus von Beginn der Aufnahmen an triumphal ihre Signaturen in die Musik, lassen Gitarre, Bass und Drums um flammende Distortions rauschen, während draußen Satyrn mit Wasserpfeifen durchs Gebälk hasten und in bauchigen Gussstahlkesseln Jungfrauen kochen. Stücke wie das alles aufsaugende und auspustende »Weird Tales« oder die von Ruß verklebte Opferkultmusik eines »I, The Witchfinder« speisen dieses Kopfkino, zeugen dabei aber auch vom technischen Aufwand, den Oborn und ein gewisser Rolf Startin in die Produktion gesteckt haben. Waren die Texte schon eine kryptische Kombo früher Lovecraft-Romane und halluzinogener Erfahrungen, so geben die akustischen Details Layer um Layer weitere Geheimnisse preis: Die Positionierung von Amps und Mikros etwa war von Pink Floyd und deren singulärem Gespür für Räumlichkeit beeinflusst, Riffs und Effekte raunen wie satanische Echos von Sleep oder Saint Vitus über die Platte, während Oborns Lederlunge immer wieder aus einem Morast hyperfuzziger Feedbacks auftaucht. Bis zum Schluss ist »Dopethrone« daher ein Doom-Rausch ohne Vergleich, doch schon wenn zu Beginn das Riff in »Funeralopolis« auf ganzer Breite reinkickt, fällt jedes Mal erneut der Himmel auf die Erde. Also, die ihr eintretet: lasst alle Hoffnung fahren.