Funk und Soul in deutscher Sprache sind mit Vorsicht zu genießen. Allzu oft wirken die Produktionen zu gewollt, zu verkrampft. Bei Florian Bosum ist das anders. Als Flo Mega hat er sich seit längerem einen Namen gemacht. Nicht zuletzt wegen seiner unverkennbaren und kraftvollen Stimme. Ein bisschen Zeit ist seit dem Debüt »Die wirklich wahren Dinge« ins Land gegangen. Und der Titel seines neuen Albums verrät, warum das so ist: Flo Mega war ein »Mann über Bord«. Ihm stand das Wasser bis zum Hals: Schreibblockade, Depression, Burn-Out. Seine Rettung fand er in der Musik und sein zweites Release erzählt auf ehrliche, authentische und emotionale Weise von dieser Bergung.
Bereits der Eröffnungstrack »Soul II Soul« kommt in treibender, energischer Soul-Manier daher. Der Hörer wird in die Sechziger mitgenommen, irgendwo in Richtung Motown-Studios. Dieser Eindruck flacht auch auf 14 Tracks nicht ab und ist der Schiffs-Besatzung in punkto Sound geschuldet: Produzent Kraans de Lutin und The Ruffcats Auch diesmal bauen sie das passende Klanggerüst aus Gitarre, Bläsern, pumpenden Funk-Beats und rhythmischem Soul. Es wirkt fast so, als wolle die Musik uns sagen: Es geht immer weiter, immer vorwärts. So verhält es sich auch textlich. Flo Mega ist, trotz offen gelegter Umstände (»Hinter dem Burn-Out«), Optimist durch und durch. Seine positive Art überträgt sich – ob man will oder nicht. Selbst dann, wenn Liebe zu zerbrochenen Gläsern, Wutausbrüchen und jeder Menge Wein führt (»Du fehlst«), der Bremer besingt das letzte Fünkchen Hoffnung. Das einzige Feature bildet Samy Deluxe in der Funk-Nummer »Zeit«. Ob das allerdings nötig war, bleibt zu hinterfragen. Ansonsten ist alles gut und Flo Mega gelingt mit seinem zweiten Solo-Album ein sehr persönlicher Stimmungsbericht aus dem Soziallabor seiner Generation, ohne Plattitüde oder Kitsch.
Mann über Bord