Review

Hieroglyphic Being

There Is No Acid In This House

Soul Jazz • 2022

Ein neues Album von Hieroglyphic Being ist eigentlich keine »richtige« Nachricht. Schließlich bringt der Chicagoer Produzent Jamal Moss pro Jahr in der Regel gleich mehrere Platten heraus. Dass er wieder ein Album auf Soul Jazz veröffentlicht, ist da schon eher eine Meldung, denn dort erschien zuletzt 2018 mit »The Red Notes« etwas von ihm. »There Is No Acid in This House« mag einem als Mogelpackung erscheinen, denn Acid kann man hier durchaus wieder heraushören, ist der frühe 303-Sound von Chicago doch eine der historischen Spuren, die Jamal Moss konsequent verfolgt, selbst wenn das, was er daraus macht, in Sachen Schroffheit oft weit über die im Genre übliche Frequenzschmirgelei hinausgeht. Der erklärte Afrofuturist verarbeitet in seiner Musik denn auch ebenso viel Clubmusik wie Jazz der avancierten Art, von Sun Ra (Orgelsounds!) bis zur Association for the Advancement of Creative Musicians (AACM) reichen seine Einflüsse. Auch die Fabrikhallenästhetik des Industrial, im Vergleich zu House lediglich eine andere und üblicherweise weniger tanzbare Form der Maschinenmusik, ist bei ihm mitunter als elektronisches Wüten zu vernehmen. Das alles mischt er zu seinem eigenen Ungetüm, das diesmal lediglich besänftigt erscheint. Zu tun hat man es mit teils fast zurückgenommen fließenden Jams, relativ zu seinem sontigen Adrenalinlevel, versteht sich. Gleichwohl haben die vordergründig friedfertigen Tracks genügend ätzende Energie gespeichert, um eine Tanzfläche in Bewegung zu halten. Selbst wenn sie sich dabei ganz allmählich durch den Boden fressen sollten.