Review

Marcos Valle

Túnel Acústico

Far Out • 2024

Mit 81 Jahren kommt es schon mal vor, dass man zurückzublicken beginnt. Ein bisschen tut das auch der brasilianische Musiker Marcos Valle auf seinem 23. Studioalbum. »Túnel Acústico« versammelt daher neues Material ebenso wie ältere Stücke, darunter das in den Siebzigern während des US-amerikanischen Exils zusammen mit dem Perkussionisten Laudir De Oliveira von der Band Chicago geschriebene »Life Is What It Is«. Seinen komplexen, manchmal auch hyperkomplexen Funk hat Valle dabei nicht aus dem Blick verloren, getragen-nostalgisch klingt dieser akustische Tunnel nicht, eher etwas reflektiert, wie eine anspruchsvoll rhythmisierte Party, bei der die Beteiligten sich ihrer Freude am Feiern stets auf Neue vergewissern.

Marcos Valle ist, wie seine Mitstreiter, dabei in Bestform. Bloß einem um sich greifenden Trend konnte er nicht so ganz widerstehen: Für »Feels So Good«, 1979 mit dem Soulsänger Leon Ware geschrieben, griff Valle auf ein unvollendetes Demo zurück, dass der Produzent Daniel Maunick mit Hilfe von KI bearbeitete. Leon Wares Stimme ist im Refrain jetzt in der ursprünglichen Form auf Englisch zu hören – er starb, wie Laudir De Oliveira, 2017 –, Marcos Valle ergänzte portugiesische Strophen. Im Unterschied zu anderen Rekonstruktionen, an denen Künstler postum mitwirken, lässt sich die so entstandene Soulnummer durchaus hören. Wie der Rest: erdige Produktion, discokugelfreudig gesprenkelte Synthesizer, hervorragende Musiker wie bei Valle üblich, so macht Rückblick Freude.