Review

Marcos Valle, Adrian Younge & Ali Shaheed Muhammad

JID003

Jazz Is Dead • 2020

Drüben bei Jazz Is Dead wächst offenbar eine ernstzunehmende Jazz-Reihe heran. Das Wort »Reihe« muss hier deutlich betont werden, denn Artworks und Nummerierungen der Titel sind ganz klar darauf ausgelegt, gesammelt werden zu wollen. Sieben Veröffentlichungen sind in der ersten »Staffel« für 2020 geplant. Die Masterminds hinter dem Großprojekt sind Multitalent Adrian Younge und Ali Shaheed Muhammad, Gründungsmitglied von A Tribe Called Quest und Lucy Pearl. Gemeinsam flutet das Produzenten-Duo seit Jahren über ihr Studio Linear Labs das Internet mit qualitativ hochwertigen Releases. Für den jetzigen Coup wird das volle Programm aufgefahren. Größen der Jazz-Historie geben sich pro Album mit vielversprechenden Rookies die Klinke in die Hand: Roy Ayers Gary Bartz João Donato, Azymuth Daneben gibts mit #jazzisdead einen programmatischen Hashtag, Merch in allen Variationen, Testpressungen und CDs. Für die dritte Ausgabe konnte Samba- und Bossa-Jazz-Maestro Marcos Valle gewonnen werden. Auf acht konzisen Stücken bestätigt er mühelos den Legenden-Status. In seiner typischen Singsang-Stimme tänzelt Valle über Gesangspassagen hinweg, imitiert dabei gleichzeitig Percussions wie klassisches Scatting und formt daraus seinen Wiedererkennungswert. Wenn es nicht nur um den Transport von Emotionen geht, besingt Valle seine Lieblingsthemen: Reisen, Liebe, Hoffnung. Auf den ersten Blick wirken die Stücke daher etwas generisch. Das Ganze flowt und groovt aber unendlich genug, sodass man kaum anders kann als mitzuwippen. Auf »Viajando Por Aí«, ein Duett zwischen Valle und seiner Frau Patrícia Alví, geht es um nicht mehr als das gemeinsame Herumreisen. Auf »Oi« singt Valle: »Oi, desculpe incomodar / Mas eu / Só peço pra saber / Se você tá bem«, »Hi, entschuldige die Störung, aber ich wüsste gern, ob es dir gut geht«. Es ist diese Leichtigkeit und Einfachheit, die die Platte so angenehm klingen lässt. Begleitet von zumeist Hammond, Bass, Gitarre und Schlagzeugbesen wirken die Stücke wie aus den Siebzigern, stammen aber tatsächlich aus Sessions von 2019. »Jazz Is Dead« könnte eine spannende Spiegelfläche für die alten Recken des Jazz werden.