Review

Meitei

Komachi

Metron • 2019

»Discourses of the Vanishing« lautet der Titel eines bahnbrechenden Buchs der US-amerikanischen Anthropologin Marilyn Ivy, in welcher diese den Spuren der Gespenster der Vergangenheit nachforschte, die Mitte der 1990er-Jahre Japan heimsuchten. Mit seinem Debüt »Kwaidan / 怪談« schien Daisuke Fujita unter dem Künstlernamen Meitei diesen Zwiespalt rund zwei Jahrzehnte später in hörspielartige Form zu gießen, ließ Tradition und Moderne ineinander fließen. Der Nachfolger »Komachi« knüpfte im Jahr 2019 daran an und etablierte den Produzenten endgültig als einen der eigenwilligsten Produzent:innen seiner Zeit. Dabei schien er doch wie zufällig den Mittelweg zwischen zwei großen Trends dieser Zeit gefunden zu haben: Einerseits ist »Komachi« vom Kankyō Ongaku, der japanischen Umweltmusik der 1980er-Jahre, beeinflusst, andererseits macht es stilistische Konzessionen an den Lo-Fi-Beat-Trend dieser Tage. Vergangenheit und Gegenwart wurden auf verschiedene Arten ineinander vernäht. Die zwölf Stücke sind insofern wohl als Klangfiktionen zu verstehen, die Fujitas Suche nach der »verlorenen Stimmung Japans« gleichermaßen abstrakt wie konkret abbilden. Es blubbert und knistert, vereinzelte Melodien hängen wie verblasste Erinnerungen am Horizont. Zugleich sind da aber subtile Rhythmen oder sogar Grundgerüste von Beats, die der schwelgerisch-gespenstischen Grundstimmung Struktur und ein gewisses Tempo verleihen – eine Art von Fortschritt, der sich aus dem Rückblick heraus konstruiert. »Komachi« bildet einen wortlosen Diskurs über das Verschwindende, der zu jeder Zeit enigmatisch bleibt.