Das Omnichord ist ein seltsames Instrument. Sieht man es auf der Bühne im Einsatz, denkt man zunächst an ein Umhängekeyboard, diese synthetischen Gitarren mit Tastatur aus den Achtzigern. Beim in derselben Dekade auf den Markt gekommenen Omnichord dienten allerdings Zupfinstrumente wie Zither als Vorbild, was die leicht rundliche Form erklärt. Die Bassistin Meshell Ndegeocello hat sich dieses mäßig verbreiteten elektronischen Geräts angenommen für ein besonderes Projekt: ein neues Real Book, also eine Notensammlung von Jazzstandards zum Nachspielen und drüber Improvisieren. Anders als bei einem herkömmlichen Real Book, das in der Regel die Werke verschiedenster Komponisten versammelt, stammen sämtliche Beiträge auf »The Omnichord Real Book« von der Musikerin selbst. Es sind konzentriert beseelte, stilistisch in verschiedene Richtungen anschließende R&B-Jazz-Nummern, teils solistisch vorgetragen, teils in Formationen mittlerer Größe dargeboten. Unter ihren Mitstreitern sind Kollegen wie der ungeachtet seiner Vielbeschäftigtheit stets brillant reduzierte Gitarrist Jeff Parker, die ähnlich souverän zurückgenommene Harfenistin Brandee Younger, der Pianist Jason Moran oder aber die Sängerin Joan Wasser alias Joan As Police Woman. Die Musik fließt mit ruhigem Groove, Meshell Ndegeocellos Stücke haben etwas Offenes, sich wundersam zwischen Schweben und Schwimmen Bewegendes, ohne abgehoben zu wirken. Man kann ihnen allemal wünschen, dass sie neue Standards werden.
The Omnichord Real Book