Review

Natasha Barrett

Peat+Polymer

+3db Records • 2014

Am Ende dieses Zweistünders entlässt uns doch noch ein vertraut-friedliches Bild zurück in die Welt: Das Summen einer Biene in einer sommerlichen Szenerie aus zirpender, zwitschernder Fauna, aus Wasserplätschern und Kinderspiel. Ein Field Recording-Gemeinplatz zwar, der sich jedoch zwischendurch in eine akusmatische Drone-Raum-Sinfonie umfaltet, ohne darüber schwer zu werden, so als sei man auf der Wiese kurz eingedöst. Das Spiel mit Raumklängen liegt im Fokus von Natasha Barretts Arbeit, und meist ist es viel schwerer zu ergründen, bleiben ihre komplexen Schichtungen und Ansätze so mysteriös wie umtriebig. Schon 2009 war Natasha Barrett mit vier Stücken auf einer +3db-Compilation vertreten, nun führt »Peat + Polymer« auf zwei CDs ins Werk der bedeutendsten in Norwegen lebenden Komponistin elektroakustischer Musik ein. Seit 1998, dem Jahr ihrer Promotion bei Denis Smalley in London, lebt die Britin in Oslo. »Oslo Sound Space Transport System«, das längste der Stücke, eröffnet die CD »Peat«, die Field Recording-Kompositionen versammelt: überblendete Schnappschüsse von Straßen- und Innenszenen, Möwen, Kirchen, Türen, Bäder fügen sich zu einem kaleidoskopischen, gepflegten Spaziergang, der gerade in seiner virtuosen Balance aus Raumabbildung und Raummanipulation zu fesseln weiß. An Luc Ferrari erinnert dann die Serie kontrastierender Tour-Aufnahmen aus Peru, der allerdings vorsichtiger umging mit dem magnetischen Potential von Stimmen; ganz klassisch schließlich ein Soundwalk durch Shanghai. Durch ganz imaginäre Räume führen dagegen die akusmatischen Kompositionen auf »Polymer«: eine metaphernschwangere Studie zum Thema dreier grundlegender zivilisatorischer Erfindungen, eine Arbeit, die Raumklang-Daten schlittenfahrender Kinder mit Cello verschaltet, und zwei Stücke, deren Fundamente ganz im Dunkeln bleiben: allesamt Material, das kaum festen Halt bietet, dessen Strudel von verborgen bleibenden Kräften gelenkt werden. Kommt man über die klassischen Vocals hinweg, die dem Headspace mitunter einen Bühnenboden unterschieben, bleibt genug kathartischer Kontrollverlust, den man sich von solchen Trips wünscht. Klar, dass hier die Ohren warm werden, nicht nur vom Kopfhörer, der hier Pflicht ist.

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