Review

Özdemir Erdoğan

Jazz Session

Arsivplak • 2016

Wie grandios die türkische Musik der späten 1960er und 1970er Jahre ist, haben in den letzten Jahren zahllose Compilations, massenhaft Mixe und prominent platzierte Samples gezeigt. Meist lag dabei der Fokus auf Psych-Rock á la Erkin Koray, Barış Manço oder Ersen. Doch auch türkischer Jazz ist nicht mehr nur bei Rare-Groove-Heads beliebt. Daran wird auch die dem Gitarristen, Komponisten und Sänger Özdemir Erdoğan gewidmete Compilation »Jazz Sessions« nichts ändern, denn die Titel von den ultra-raren Alben »Sivrisinek Saz ve Caz Orkestrası« (1973) und »The Color of My Country in Jazz« (1980) sind faszinierend und vielschichtig. »Jazz Sessions« ist erstmal jazzig. Offensichtlich. Fusion, Swing und Bebop-Solos gehen fließend in einander über, doch gleichzeitig finden sich traditionelle Gesänge, Instrumente und Melodien. Jeder Titel ist auf eine bestimmte Art und Weise brillant und vielseitig. Bei dem Volkslieds »Misget«, setzen nach drei Minuten Folklore auf einmal funkige Bläser und Wah-Wah-Gitarren ein, dass man Gänsehaut bekommt. Die Killer-Ballade »Gurbet« klingt dagegen schon fast nach psychedelischem Rock. Auch »This is My Soul« und das »Chameleon«-Cover »Like A Herbie« zählen wegen der einzigartigen Mischung aus traditionellen Klängen und funky Einflüssen zu den Highlights und Erdoğans Armstrong-Imitation auf »Hello Dolly« ist so auf den Punkt, dass es eigentlich schon Parodie ist. Für dieses Jahr ist eine Erdoğan-Compilation unter dem Stichwort Funk angekündigt. Immer her damit!