Was Poetry Slam für Stand-Up-Comedy ist, ist Spoken Word für Rap: ein eher verkopftes Gegenstück, das durch seine ausgestellte Belesenheit auch ein erhöhtes Peinlichkeitspotenzial birgt. Bei Saul Williams war das schon immer anders gelagert: Egal, mit wem er kollaborierte – ob Trent Reznor oder Rick Rubin –, seine harschen Texte und sein kraftvoller Vortrag erschütterten zuverlässig, ganz ohne Cringe-Gefahr. Das gilt auch für at TreePeople, das am 18. Dezember 2024 live unter Eichen und Walnussbäumen im Coldwater Canyon Park in Los Angeles aufgenommen wurde.
Carlos Niño stellte dafür ein Ensemble zusammen, mit dem er bereits große Teile von André 3000s Flöten-Album New Blue Sun geprägt hat. Zu Williams’ bewegenden, aufrüttelnden Texten entfaltet sich ein elektroakustisches Ökosystem, das sich organisch weiterentwickelt und sowohl Transzendenz als auch Spiritualität atmet. Diverseste Percussions von Mexiko bis Ägypten, Flöten, manipulierte Gitarre, Vibraphon und mehrere Saxophone bilden das klangliche Fundament – etwa für Williams’ Reflexion über die indigenen Lenape, ihre Insel Manahatta und die Ursprünge der Wall Street. Am Ende übergibt Williams das Mic an die Dichterin aja monet, die dann etwas sanfter von der Apokalypse spricht.


