Review

Sepehr

Survivalism

Shaytoon • 2021

Seine Steuern mag Sepehr Alimagham zwar in San Francisco zahlen, auf dem Rave-Ausweis des Produzenten prangt aber mittlerweile dick und fett das Wappen des Vereinigten Köngreichs. Nachdem er unter dem Namen Sepehr zu Beginn seiner Karriere noch recht einfallslosen House und Techno veröffentlichte und auf seiner ersten EP für Dark Entries schamlosen Acid-Worship betrieb, kündigte sich vor zwei Jahren mit dem Debütalbum für das Berliner Label Spe:c ein Richtungswechsel an. Electro traf auf klassische Jungle-Zitate. Hatte sein Zweitwerk »Shaytoon«, ebenfalls auf Dark Entries, vor allem ersteren Einfluss vor sich hergetragen, folgt mit »Survivalism« nun eine Auseinandersetzung mit dem dunkleren Spektrum von Drum’n’Bass und anderen Spielarten des Hardcore Continuums. Der Opener »Eternity’s Artifice« setzt klaustrophobische Sounds, einen Dancehall-ähnlichen Groove und klassische IDM-Tropen miteinander in Bewegung, doch schon »Destination Unknown« bietet astreinen Drum’n’Bass an – verhetzt, psychotisch, bisweilen gar psychedelisch. Dieser noch recht streng durchexerzierten Etüde der üblichen Genrekonventionen folgen allerdings sobald innovativere Tracks. Der Half-Time-Stepper »Solitary Tool« etwa kratzt auch dank Burial-esker Vocal-Samples in Post-Dubstep-Gewässern, während sich der Titeltrack schon sehr deutlich an Breakcore-Konventionen bedient und der digitale Bonus-Track »Plane of Fear« von neueren Entwicklungen im UK-Bass-Universum beeinflusst scheint. Doch zollt er genauso mit »Lavashak Love« dem atemlosen US-Electro eines DJ Stingray Tribut, obgleich die deutliche Verneigung vor dem Großmeister durch Melodien mittelöstlicher Prägung und noch mehr an Burial erinnernde, verknappte und gepitchte Vocals konterkariert wird, und legt mit »Bipayan« einen hektischen Techno-Track hin. Statt also nur in der Trickkiste britischer Musikstile herumzukramen, nimmt Sepehr sich einige Ingredenzien heraus, mischt sie mit US-amerikanischen Einflüssen und streut schließlich noch feindosierte Klänge aus der arabischen Musiktradition in den Mix. Das Ergebnis ist wesentlich vielseitiger als noch jede seiner bisherigen Veröffentlichungen.