Review

Stefan Goldmann

Vector Rituals

Macro • 2022

Stefan Goldmann kann ganz wunderbar schnurgeraden Techno abliefern, wenn er denn möchte. Meistens aber will er das nicht und dann wird’s richtig interessant. »Vector Rituals« klingt beim ersten Durchlauf schon, als hätte jemand SND in ein Gong Bath getaucht oder Autechre für Gamelan begeistern können. Beim zweiten und allen weiteren offenbaren sich noch mehr Nuancen. Goldmann arbeitet mit polymetrischen Patterns und Sounds, denen bisweilen eine akustische Klangqualität innewohnt, die aber komplett synthetisch sind. Das erinnert bisweilen an die rhythmischen Experimente eines Black Merlin, stützt sich aber nicht auf eine irgendwie organisch oder gar exotistisch wirkende Ästhetik, sondern betont wie im ahnungsvollen Stück »Lorino« die eigene Gemachtheit. Obwohl sich das Gros der Stücke in spannungsvoller Zurückhaltung übt, sind ein paar der Tracks dann sogar mindestens Warm-up-kompatibel. Der beharrliche Groove von »Tiksi« beispielsweise könnte ein Club-Set zu Beginn des Abends in abenteuerliche(re) Gefilde führen. Dorthin sollte die Reise ja auch eines Tages gehen, bevor der Viervierteltakt zur Konvention erstarrte und sich Techno schnurgeradewegs in einer musikhistorischen Sackgasse verrannte. »Vector Rituals« zeichnet ebenso entschieden wie bescheiden den Fluchtweg vor. Es geht voran.