Review Hip-Hop

Tami

Habakuk

Bassukah • 2016

»130 BPM und gib‘ ihm/ Die Scheiße ist im Trend wie Fixies/ MC Fitti/ Ich bin die Antwort darauf«. Wo andere Deutschrapper sich mit Twitter-Tremor im Schulhof-Gespräch halten, verwehrt sich Tami auf seinem Debütalbum sämtlicher Oberflächlich- und Kurzlebigkeiten. »Habakuk«, nach einer EP und einem Mixtape die finale Vorstellungsrunde des Wahl-Kölners, ist vordergründig erwachsene Rap-Musik im positivsten Sinne. Schon der Opener »Das Buch ‚Habakuk’«, ein sehnsüchtiger Slow-Mo-Thriller aus der Synth-Pop-Wolke, reflektiert ungeschönt wie unpeinlich über HipHop, das Weltgeschehen und die eigene Biografie: »Ich bin nicht blind und glaub‘ nur das, was ich seh’«. Sein kurvenreicher Lebenslauf aus Aufenthalten im Heim für Schwererziehbare, Graffiti- und Drogenexperimenten sowie die Geburt seiner Tochter, könnte zwar mühelos ein Straßenrap-Album füttern, doch ist Tami dafür a) reflektiert genug und b) ein Kind der 90er-Rap-Prägung, was sich auch durch das unaufgeregte Beat-Picking und der gelenken, aber konventionellen Delivery ausdrückt. So stilisiert er sich nicht zu einem ausgestoßenen Underdog, sondern bewahrt mal kritische, mal tiefsinnige und auch humoristische Distanz zur HipHop-, Dorf- oder Mehrheitsgesellschaftskultur. »Du kannst alles und nichts richtig/ Und den Klassenclown zu spielen, ist im Alter nicht mehr witzig« – call it Arbeiterklassen-Rap. So bewegen sich die Instrumentalgefüge von SWBG-Go-To-Guys wie Dufsen, Spexo oder Mels auch mehrheitlich im organischem Jazz-Sample-Sumpf, wagen allerdings auch Ausflüge in sphärische Space-Synthie-Gefilde jenseits der 90 BPM-Marke – der Zeitgeist küsst die Zeitlosigkeit. »Habakuk« weist aber vor allem ein Attribut auf, das Rappe oft in letzter Konsequenz nur mit phrasendreschendem Lippenbekenntniss äußern: Es ist »real«.

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Habakuk
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