Review

Various Artists

hallo 22: DDR Funk & Soul von 1971-1981

Sony Music • 2022

Das Wörtchen Funk mag die Genossen und Genossinnen in der DDR eher an das Radio erinnert haben als an schwarze Musik. Dass aber das sozialistische Deutschland weitaus empfänglicher für Musik und Popkultur von der anderen Seite der Mauer war als andersherum, stellt »hallo 22: : DDR Funk & Soul von 1971-1981« schnell klar. Songs wie »Aus und vorbei« von Panta Rhei oder »Über Feuer« von Electra sind unverkennbar von amerikanischem Funk und Soul geprägt, mit zwingenden Grooves, euphorischen Streicher-Arrangements und beseeltem Gesang – wenn auch mit deutschen Texten. Felix »Dexter« Göppel, der »hallo 22« gemeinsam mit dem Musiker Max Herre zusammenstellte, meint gar: »Die Ostdeutschen haben den Soul, Funk und Jazz der Amis meines Erachtens besser kopiert als die Westdeutschen.« Zugleich lassen sich Eigenheiten feststellen, wie der Hang zu Prog-Rock, Klassik und Jazz. Diesen Sound gibt es auf »hallo 22« neu zu entdecken – 50 Jahre nach der Kopplung »Hallo Nr. 1«, 1972 auf dem Staatslabel Amiga erschienen. In den Texten geht es zwar viel um Liebe, aber der Blick von der anderen Seite erzählt durchaus von anderen Verhältnissen, sei es die melancholische Perspektive auf die Schönhauser Allee in Berlin, den Veronika Fischer 1977 in dem Song »Schönhauser« warf, sei es die Ode an Bürgerrechtlerin Angela Davis, die Uve Schikora in »Oh Angela« als »Symbol für morgen« feiert. Eine schlichtweg umwerfende Geschichtsstunde!