Es dürfte kein Zufall sein, dass der Afrozentrismus in den USA des 20.Jahrhunderts dieser Tage wieder große Aufmerksamkeit erhält. Den rassistischen Spannungen, mit denen sich der Staat unter seinem amtierenden Präsidenten verstärkt konfrontiert sieht, setzt man künstlerisch am besten diese klugen, energischen und, ähm, souligen Entwürfe entgegen, mit denen die Bürgerrechtsbewegung darauf aufmerksam machte, dass das mit dem »All men are created equal« nicht allein für Weiße gilt. Heute scheint dies immer noch nötig zu sein. Die Compilation »Soul Of A Nation« erscheint denn auch zeitgleich mit der Eröffnung einer Ausstellung gleichen Namens in der Londoner Tate Modern. Die hier versammelten Stimmen äußern sich reflektiert, energisch, manchmal wütend, aber immer mit Groove oder Swing. Oft mit beidem zugleich, wie bei der Begrüßung durch Gil Scott-Heron: Sein »The Revolution Will Not Be Televised« ist gut gealtert, selbst wenn sich seine Fragestellung in Zeiten sozialer Medien etwas anders artikuliert. Andere Musiker verzichten ganz auf eindeutige Botschaften, so der mindestens ebenso unverzichtbare Phil Ranelin. Dass man die »Roots of Rap« nicht nur im spoken word, sondern auch in instrumentalen Nummern sieht, passt, man brauchte schließlich Breaks zum Drüber-Rappen. Für den Auftritt von Poeten wie Sarah Webster Fabio ist diese Choreographie vielleicht sogar besonders entgegenkommend. Die vermeintliche Leichtigkeit des Tonfalls kann dabei nie darüber hinwegtäuschen, dass die Lage damals ernst war – und es bis auf weiteres bleibt. Musik kann das nicht ändern, zumindest aber Bewusstsein schaffen. Und wenn als Mittel die Strategie »Free your mind and your ass will follow« – und umgekehrt – herangezogen wird, kann mit der Aufklärung nicht viel schiefgehen.
Ripple
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Soul Jazz