Über die Grausamkeit, Brutalität und Unmenschlichkeit des Kolonialismus dürfte hoffentlich längst Einigkeit herrschen. Zu welchen fast schon schizoiden kulturellen Verwerfungen und Entwicklungen er führte, veranschaulicht Zulu Guitar Blues eindrücklich. Menschen, aus ihrer Heimat geraubt und zur Arbeit in der neuen Welt gezwungen, führten das kulturelle Erbe ihrer jeweiligen Gemeinschaften unter anderem auf Baumwollplantagen fort – aus Call-and-response-Gesängen entstanden so Gospel und Blues. Dieser Blues wurde später gewissermaßen re-importiert in das besetzte Südafrika mit seinem Apartheidregime. Auch dort wurde er zur Ausdrucksform der Ausgegrenzten und Unterdrückten, die aus Angst vor Repressalien viele Master-Bänder ihrer Aufnahmen schnell vernichteten.
Aus erhaltenen Schellack-Singles entstand nun diese Zusammenstellung, die sich deutlich von der Vielzahl aktueller Reissues afrikanischer Musik abhebt. Zu hören sind keine Show-Bands, keine großen Ensembles, keine euphorischen Bläsersätze oder Chöre – stattdessen nur Stimme und Akustikgitarre. Ganz so, als würde Blind Willie McTell auf isiZulu sein Leid klagen. Das im ebenfalls importierten Country weit verbreitete Outlaw-Image passte zudem vielen der hier versammelten Musiker wie angegossen. Wie sie den US-Frontierismus und das Manifest-Destiny-Denken der weißen Siedler in ihre Sprache überführten – gebrochen durch Nostalgie und Wehmut –, davon erzählen die ausführlichen und unbedingt lesenswerten Liner Notes.