Jahresrückblick 2020 – Top 20 12inches
Liste
No Corner ist ein 2012 von Daniel Davis (alias Ossia) und Alex Digard (vom Studio Tape-Echo) gegründetes, britisches Plattenlabel aus Bristol. Es ist eng verknüpft mit dem Young Echo-Kollektiv.
»Von außen muss das echt verwirrend sein mit all den Querverbindungen zwischen dem, was wir alle hier machen«_, gibt Davies zu. Also von vorne: Der Young Echo-Podcast hat nicht zur Gründung No Corners geführt, obwohl die erste Katalognummer mit Jabu und Killing Sound zwei Projekte des befreundeten Bristolischen Kollektivs zusammenbrachte. Alles nahm jedoch im Tape-Echo Studio mit einer Jam-Session seinen Anfang und endete mit der Frage, was mit dem aufgenommenen Jabu-Material denn nun geschehen solle. Killing Sound, das gemeinsame Projekt von Jabu, El Kid und Vessel, trat auf den Plan, die B-Seite des ersten No Corner-Tapes stand. Große Pläne habe es dennoch nie gegeben, gibt Davies zu. _»Ich denke aber, das ist am besten so. Sonst verkompliziert sich alles nur.«_ Die Ansprüche fallen dementsprechend bescheiden aus. _»Ich schätze, No Corner fungiert als eklektische Nischenplattform«_, sagt Davies. _»Der Gedanke, dass sich jemand einstöpseln kann und in unserem breiten Angebot etwas Neues entdecken kann, das ist schon Lohn genug. Es ist ein Label für MusikliebhaberInnen, nicht für den Handel mit Hypes.«_ So lautet das einzige Kriterium an die Musik auch schlicht: _»It’s gotta be good.«_ ’nuff said.
Komplexer gestaltet sich da schon das Mit- und Nebeneinander von verschiedenen künstlerischen Entwürfen und Medien. Vom Tape über kleinformatige Releases auf 7″ bis zum massiven Vinyl-Box Set lässt sich im Backkatalog so ziemlich jedes Medium finden und spiegelt damit den regen Austausch zwischen bildender Kunst, Musik und Spoken Word wider, wie ihn beispielsweise Jabu prominent verkörpern. Auch das eher ein Zufallsresultat, wiegelt Davies ab. _»Andererseits legen wir schon Wert darauf, auf die visuellen Vorstellungen unserer Künstler einzugehen«_, fügt er hinzu und verweist darauf, dass Digard zugleich als Art Director fungiert. Vielleicht ein Charakteristikum der Homebase Bristol, die für Davies ebenfalls schwer auf eine bestimmte Ästhetik festgenagelt werden kann. _»Sei vorsichtig mit einem Begriff wie ‘Bristol Sound’! Das wäre vielen gegenüber unfair und einschränkend«_, mahnt er. Stattdessen konstatiert Davies im reichhaltigen musikalischen Angebot der Stadt in Hinsicht auf elektronische Klänge viel gegenseitigen Austausch, von Young Echo bis hin zur Livity Sound-Crew. Auch das zeichnet No Corner, dieses schwer zu fassende Label aus: Die üblichen Zuschreibungen greifen zu kurz. Drone-Loops treffen auf Dubstep-Derivate, abstrakter Industrial auf Tanzbares und Geradliniges. Wie das eben so ist, wenn ein Label sich selbst beim Werden zuschaut. Immerhin ein Ziel gibt es jedoch: _»Wir finden es aufregend, etwas zu erschaffen und über Generationen hinweg eine Spur zu hinterlassen«, sagt Davies. Nicht ohne Ironie: _»Höhlenmenschenstyle«_, nennt er das.
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