»Culture« ist so wichtig. Weil hiernach kein noch so wohlmeinender Alt-Lefty Migos zu bloßen Meme-Minstrels mehr macht. »Culture« ist ein echtes Rapalbum, _state of the art _und konzise – und endlich geht die Rezeption der vielleicht wichtigsten Flow-Innovatoren der 10er-Jahre (wir sparen uns hier mal die historische Aufarbeitung) über diese bisweilen ekelerregende Bevormundung als Pausenclowns hinaus. Nochmal: wichtig!
Während Migos primär als überlebensgroße 2D-Action-Figuren wahrgenommen wurden, gründete sich Futures Larger-Than-Lifeness zum Großteil auf seiner vordergründig ein-, küchenpsychologisch aber höchst multidimensionalen emotionalen Abstumpfung. Auch der Doppelschlag im Februar (Mixtape und Album in einer Woche) lebt von Futures chemischer wie biologischer Degeneriertheit und dieser Fähigkeit selbst die stumpfsten Satzfetzen klingen zu lassen als hätte Faust zu lange am Double Cup genippt.

Big Sean
I Decided
Def Jam • 2017 • ab 5.32€
Das macht Big Sean und Jonwayne zu Brüdern von anderen Müttern: auch Jonwayne hat sich einen Großteil seiner Reputation über klassisches Flexen aufgebaut, wenngleich freilich eher in der Tradition von Fondle Em, Lyricist Lounge und MF Doom Auch Jonwayne kam damit künstlerisch an seine Grenzen, Identitätskrise und Alkoholismus inklusive. »Rap Album No.2« ist nun der (geglückte) Versuch dieses Scheitern musikalisch zu verarbeiten und dabei wesentlich interessanter als alles, was der ehemalige Stones Throw-Zottelbär je zuvor gemacht hat.

Roc Marciano
Rosebudd's Revenge
Fat Beats • 2017 • ab 24.99€
Es ist immer spannend zu sehen wie aus der Antizipation eines Backlashs die Berufskonträren so schnell wie möglich die Antwort zu jenem Backlash formulieren. Im Falle von Stormzys Debütalbum sogar so schnell, dass kaum jemand Zeit fand zu postulieren, dass der neue BFF von Ed Sheeran mit »Gang Signs And Prayer« eigentlich ganz schön verkackt hat. Stattdessen wird von Fact bis Pitchfork wie wild drauflosgebauchpinselt, als ob Grime nur auf seine Adele-isierung gewartet hätte. Hey, das hatten wir alles schon mal mit Dizzee Rascal, aber der hat davor wenigstens »Boy In Da Corner« gemacht, ´mmmber?´So bleibt eine vertane Chance und viel, sehr viel Jesus-Content.

Sampha
Process
XL • 2017 • ab 27.99€

Thundercat
Drunk
Brainfeeder • 2017 • ab 36.99€

Expressway Yo-yo Dieting
Undone Harmony Following
Type • 2017 • ab 9.99€

Kangding Ray
Hyper Opal Mantis
Stroboscopic Artefacts • 2017 • ab 35.99€

V.A.
A Decade Ilian Tape
Ilian Tape • 2017 • ab 35.99€

Moiré
No Future Black Vinyl Edition
Ghostly International • 2017 • ab 9.36€

Turinn
18 1/2 Minute Gaps
Modern Love • 2017 • ab 24.99€

Earthen Sea
An Act Of Love
Kranky • 2017 • ab 23.99€

Kingdom
Tears In The Club
Fade To Mind • 2017 • ab 20.99€

Egyptrixx
Pure, Beyond Reproach’
Halocline Trance • 2017 • ab 11.88€

Vermont (Innervisions' Marcus Worgull & Danilo Plessow (Motor City Drum Ensemble))
II
Kompakt • 2017 • ab 24.99€

Bing & Ruth
No Home Of The Mind Transparent Vinyl Edition
4AD • 2017 • ab 30.99€

Visible Cloaks
Reassemblage
Rvng Intl. • 2017 • ab 23.99€
Dagegen beinahe unbeachtet geblieben ist Japan Blues’ »Sells His Record Collection«. Das liegt vermutlich nicht nur an den (bewusst?!) dilettantischen Vertriebswegen für dieses Plattensnippet-Patchwork, sondern vielleicht auch daran, dass Japan Blues hier eben nicht den Zeitgeist bedient und einen Better Days Gral nach dem nächsten flurfreundlich editiert, sondern oft uralte japanische Soundschnippsel ohne steten Drum-Puls zu einem klaustrophobischen Hörspiel aneinanderreiht. Der selbstgewählte Opiumzelt-Vergleich mag plakativ und ein bißchen dämlich sein, er erfasst aber die Atmosphäre eines seltsam faszinierenden, faszinierend seltsamen Format-Zwitters.
● Die Schallplatten von Aigners Inventur findest du bei hhv.de.