Review

Tyler, The Creator

Igor

Columbia • 2019

Beziehungen enden hässlich, meistens jedenfalls. Tyler, the Creator nimmt das Scheitern eines Love Triangles zwischen ihm, seinem Geliebten und dessen Ex-Freundin zum Anlass, mit dem anfallenden Frust, der Enttäuschung und Wut ein neues abgefucktes Alter Ego zu füttern. Enter »Igor«. Ob das sechste Album des 28-jährigen Produzenten tatsächlich biografische Züge trägt oder ein weiteres fiktives Puzzlestück seines anhaltenden Coming Outs darstellt, lässt sich bestenfalls via Gossip beantworten. Ist aber auch Nebensache. Schon als er Frank Ocean öffentlich den Rücken deckte, spätestens aber mit dem Vorgänger »Flower Boy« war nämlich klar, dass die vermeintlich homophoben Lines seiner Anfangstage eher zynischen Redewendungen und nicht Tylers privater Sicht entsprachen. Er selbst hatte schon lange vorher jene Moralsau geschlachtet, die da mehrfach durchs internationale Feuilleton getrieben wurde. Für die nachträgliche Verbannung aus Großbritannien reichte der Netzpranger dennoch, was den sprechsingenden Tunichtgut, Fahrradsammler und Odd-Future-Mitgründer aber nicht davon abhielt, weiterhin kompromisslos zeitgerechten Hip-Hop zu produzieren, der sich lyrisch mindestens so brutal provokant wie seine Ära zeigte und Einflüsse der Westküste mit krossem Horrorcore, psychedelischem Neo-Soul oder Synth-Funk verband. »Igor« ist nun nicht nur der Name eines von Bela Lugosi gespielten Laborgehilfen in den ersten Theateradaptionen von Mary Shelleys »Frankenstein«, der willfährig bei der Kreation eines Monsters hilft. Er ist auf diesem Album auch die personifizierte Wut nach dem unerwarteten Beziehungsaus, die dunkle Seite dumpfen Herzschmerzes. Schon in »Igor’s Theme« werden dabei zwei distinkte Deliverys deutlich: Hier high pitched Soul-Stimmen in kryptischen Hooks übers Verliebtsein und Schlussmachen. Mal von Lil Uzi Vert und Solange gesungen, mal von Tyler, the Creator selbst, der die Ablehnung nie hinnehmen will. »Please don’t leave me now (I can make her leave)«. Auf der anderen Seite dann der aggressiv körnige Groll von Igor im heiß servierten Samplesüppchen voll abschätziger Aphorismen. Beginnt die Liebesstory in »Earfquake« noch mit schwelgerischen Motown-Vibes und steigert sich mit »I Think« zur Euphorie, sind ein paar Tracks später bei »New Magic Wand« oder »What’s Good« die Schmetterlinge im Bauch schon zum Krampf geworden, der als säuerlicher Grime-Beat unter verzerrten Raps brodelt. »Sometimes you gotta close a door to open a window« stellt Jerrod Carmichael dort fest. Spätestens beim fast schon gospelnden Soul-Karneval »Gone, Gone/Thank You« oder dem quengelig nachhakenden »Are We Still Friends?« wird deutlich: Nichts anderes macht Tyler hier.