Wer den euphorischen Mann mit der wehenden Lockenmähne schon einmal hinter seinem DJ-Pult erleben durfte, wird sich zwangsläufig gefragt haben, wo der seine exzessive Energie hernimmt. »Ich bin mit Hip Hop aufgewachsen«, erläutert William Benjamin Bensussen, bekannt als The Gaslamp Killer, seine musikalische Herkunft. »Und wir versuchten damals, so viele der vier Hip Hop-Elemente zu beherrschen, wie nur möglich, also : Rappen, Tanzen, DJing und Graffiti. Tanzen ist für mich sehr wichtig und ich weiß, welche Musik mich wirklich zum Tanzen bringt. Das ist genau die Musik, die ich auch für die Leute spielen möchte.« Inspiriert von DJ Shadow, J Dilla oder DJ Krush, hat er sich mittlerweile auch außerhalb seiner Heimatstadt Los Angeles mit seinen DJ Sets einen legendären Ruf erarbeiten können. Dabei ist ihm wichtig, sich stets stilistische Freiräume zu schaffen und mit seinem wilden Stilmix nicht auf eine bestimmte Musikrichtung eingegrenzt zu werden. Die Motivation dazu verleiht ihm ein reger Energieaustausch mit seinem Publikum: »Wenn du in einem kleinen Club spielst und alle komplett durchgeschwitzt sind, dich angucken und genau auf deiner Wellenlänge sind, dann ist das ein großartiges Gefühl, welches dir genau den richtigen Antrieb gibt.« Für den passionierten Schallplattensammler sind die Individualität und die Haptik, die in dem analogen Medium stecken, ebenfalls ausschlaggebend für seine fast spirituelle Bindung zur Musik und zur DJ-Kultur: »Die Energie, die du verwendet hast um die Musik zu erstellen, wird beim Schneiden einer Platte in die Rillen auf das Plastik übertragen. Deine Hände berühren die Rillen und dein Schweiß gelangt in die Rillen und lässt die Platte anders klingen. Und wenn du die Platte oft genug gescratcht hast, beginnt sie an dieser Stelle zu zischen. Es ist also deine Energie, die beim Abspielen auf die Platte übertragen wird.«
Im Kontrast zu seinen ekstatischen und vielfältigen DJ-Sets, zeichnen sich die eigenen Produktion des Gaslamp Killers häufig durch eine psychedelische Atmosphäre und insbesondere in seinen Kollaborationen mit Gonjasufi durch eine düstere Stimmung aus. »Ich mag einfach diese dunkle, cinematische, stimmungsvolle und emotionale Musik. Nicht diese identischen Akkorde, die in jedem verdammten Popsong vorkommen. Ich mag v.a. Akkorde, die bei intellektuellen, tiefsinnigen oder spirituellen Menschen nachhallen und das spiegelt sich auch auf meinen Platten wieder.« Dabei steht diese Einstellung für ihn nicht in einem Widerspruch zu seiner sonnigen Heimat im Süden Kaliforniens. Dort hat der Gaslamp Killer mittlerweile mit Flying Lotus, Ras G oder Daedelus eine Gruppe von Gleichgesinnten um sich herum versammeln können, woran auch die Partyreihe »Low End Theory« beteiligt ist, die er 2006 zusammen mit Daddy Kev und DJ Nobody gegründet und als internationales Epizentrum für die Beatszene von Los Angeles etabliert hat. »Low End Theory« gab den Beatmakern um das Brainfeeder Camp damals einen festen wöchentlichen Treffpunkt und expandierte auch darüber hinaus. Schon bald stießen etablierte DJs wie Mix Master Mike oder Peanut Butter Wolf und sogar renommierte Musiker wie Thom Yorke oder Erykah Badu dazu. Was die Partyreihe für den Gaslamp Killer dabei so besonders macht, ist die entspannte Atmosphäre und der gemeinschaftliche Umgang zwischen den Künstlern und dem Publikum: » Es ist ein gemeinsamer Treffpunkt. Die Leute wollen einfach dorthin kommen und zusammen rumhängen. Wir haben zum Beispiel keinen Backstage Bereich, damit müssen alle klarkommen. Wenn also Flying Lotus vorbeischaut, dann wird er natürlich von Leuten belagert, die Fotos machen wollen. Trotzdem ist er ein Teil der Menge. Das hat sich wie von alleine so entwickelt, ist aber schon etwas sehr besonderes!«»Ich mag v.a. Akkorde, die bei intellektuellen, tiefsinnigen oder spirituellen Menschen nachhallen und das spiegelt sich auch auf meinen Platten wieder.«
The Gaslamp Killer
Seine internationalen Auftritte haben The Gaslamp Killer dabei auch persönlich neue Perspektiven eröffnen können. »Das Reisen und Spielen auf der ganzen Welt hat mir wirklich offenbart, wer ich als Mensch und als Künstler eigentlich bin. Ich habe dadurch überall eine Verbindung mit den Menschen aufbauen können und festgestellt, dass wir im Endeffekt alle das gleiche wollen: Unser Leben leben und glücklich sein.« Dies erklärt wohl auch, woher er die Energie für seine ekstatischen Auftritte nehmen kann.