In diesem Jahr feierte die DMC World DJ Championships ihren 30. Geburtstag. Aus diesem Anlass sprachen wir mit ausgewählten Gewinnern der letzten drei Jahrzehnte über die Geschichte des DJing und ihren Blick darauf. In den nächsten Wochen stellen wir Euch nun einige Turntablists vor. Diesmal: The Mixfitz – Das Team, bestehend aus DJ Jack, DJ Damented, DJ Cross gewann beim DMC 2012 den Titel World Team Champions.
Wann habt ihr mit Turntablism angefangen?
DJ Damented: Naja, es gibt da ein wenig einen Altersunterschied zwischen uns, daher der Reihe nach: Cross ist der Jüngste und begann zirka 2000 mit Turntablism. Jack hat ein paar Jahre eher mit dem Djing angefangen, aber erst 2001 so richtig mit dem Turntablism begonnen, als er als Zuschauer bei den National ITF war. Ich bin der weit Älteste von uns und war bereits vier Jahre als DJ aktiv, bevor ich 1998 mein erstes Battles bestritt.
Seid ihr immer noch aktiv? Und verdient ihr damit eure Brötchen?
DJ Jack: Mehr denn je. Wir sind haben einen netten Festivalsommer hinter uns und hatten den Rest von 2013 kaum ein Wochenende frei. Obwohl es hier eher darum ging, Partys zu rocken, als Turntablism zu machen. Aber wir haben auch unsere ganz normalen Jobs. Es ist immer gut, ein Sicherheitsnetz zu haben.
Was hat euch all die Jahre dran bleiben lassen?
DJ Damented: Um ehrlich zu sein, haben digitale Vinylsysteme der Battle-Szene das Leben gerettet. Viele Leute sagen zwar, dass das Turntablism getötet hat, aber ich plädiere für eine differenzierte Betrachtung. Wir kommen alle aus der Vinyl-Ära, haben zahlreiche Battles hinter uns, bei denen es nichts als Vinyl gab. Vom musikalischen Standpunkt kannst du mit einer regulären Vinylscheibe nur begrenzt agieren. Musik jedoch zu komponieren, neu zu arrangieren und es direkt zurecht zu schneiden, eröffnet komplett neue Möglichkeiten.
DJ Cross: Ein paar Jahre lang haben wir unsere eigenen Dubplates geschnitten, um an Wettbewerben teilzunehmen. Für Team-Routinen wäre das aber schlicht zu aufwendig – zeitlich und geldlich.
Wie schaut eure Lieblingsroutine aus?
DJ Damented: Das ist hart. Ich habe immer gemocht, was The Allies gemacht haben. Craze und A-Trak haben das dann aber noch einmal gesteigert. Oder die ITF-Routinen der The Beat Junkies, wow! Ich mochte auch immer »Klamz Uv Deth« von The Invisibl Skratch Piklz, auch wenn das genau genommen keine Routine ist.
DJ Cross: Ich würde sagen: Craze und A-Trak. Sie sind meine Lieblings-Battle-DJs aller Zeiten. Zusammen waren sie einfach großartig. Die Lordz of Fitness haben mich ebenfalls total geflasht mit ihrem neuartigen elektronischen Sound und ihren herausragenden Skills.
DJ Jack: Das ist echt hart, denn es gab einfach so viele großartige Teams. Aber wenn’s sein muss, dann sind es: Lordz of Fitness, The Allies, Beat Junkies, C2C.
Wie entwickelt ihr eine Routine?
DJ Damented: Das lustige ist ja, dass das Set, mit dem wir 2012 den DMC Titel holten, unsere erste echte Team-Routine war. Das war das erste Mal, dass wir als The Mixfitz an einem Battle teilnahmen. Es war also ein sofortiger Erfolg. Und nur wenige Monate danach suchten wir bereits die Stücke für den 2013er Battle heraus. Denn das ist unser Ding: existierende Musik zu nutzen, keine selbst generierten Audiosignale. An dieser Stelle haben wir einen echten Oldschool-Ansatz.
DJ Jack: Wenn du eine gute Idee davon hast, welche Tracks du verwenden möchtest, entwickelt sich die Routine von ganz allein. Einige Tracks sagen dir einfach, wo du hin musst.
DJ Cross: Für das 2013er Set hatten wir erst nur ein paar wilde Ideen über Musik-Genres und Techniken, die wir einbauen wollten. Davon abgesehen ist das Zusammensetzen einer Routine aber einfach harte Arbeit und eine Menge Spaß währenddessen. Das ist das tolle an Team-Battles: du sitzt nicht allein mit Kopfhörer und deinem Laptop im Schlafzimmer. Wir haben immer viel Spaß beim gemeinsamen Proben.
Wie würdet ihr eure grundsätzliche Philosophie des Turntablism beschreiben?
DJ Damented: Ich denke die grundlegende Idee hinter allem ist die Aussage von DJ Babu (falls ich nicht falsch liege), dass der Turntablist jemand ist, der den Plattenspieler als Instrument verwendet. Ganz einfach das. Ich weiß, dass das über die Jahre altmodisch geworden ist. Aber wir zielen nach wie vor darauf ab, jeden Sound und jeden Musiktyp mit unseren Händen zu manipulieren.
DJ Cross: Das schöne an einem Plattenspieler ist, dass du direkt von einem Instrument zum nächsten springen kannst. Den einen Moment spielst du ein Piano-Solo, im nächsten packst du den Drum-Groove dazu. Dann schneidest du ein Acapella rein. Alles ohne größere Anstrengungen. Du musst es nur gut planen und vorbereiten.
Wie bereitet ihr euch auf Battles vor? Und wie fühlt ihr euch bei Battles?
DJ Jack: Für den 2012 DMC haben wir im April desselben Jahres angefangen zu proben. Letztes Jahr fingen wir früher an. Wir wollten der Welt einfach zeigen, dass wir keine Eintagsfliege sind [The Mixfitz wurde 2013 Zweite]. Wir hätten natürlich gerne wieder gewonnen, so wie es Kireek und C2C vor uns getan haben.
Wie war euer erster Battle?
DJ Damented: Für mich war das der Belgische DMC 1998 in Charleroi. Es war mein erstes Mal und ich wurde Vierter. Damals waren es Djs wie Grazzhoppa, Daddy K und Joss, die den Laden geschmissen haben. Aber als ich mit meinem Killa Tactics Team auftauchte, haben wir ihnen definitiv die Sporen gegeben. Und dann haben wir so langsam übernommen, haha.
DJ Jack: Mein erstes Battle war »Hit The Decks« 2001, organisiert von Killa Tactics. Ich habe damals das Viertelfinale erreicht.
DJ Cross: Für mich war es ein Wettbewerb namens »Area 51« im Jahre 2004. Ich war total nervös, habe aber gewonnen. Damit hatte ich Blut geleckt und wollte noch mehr Wettbewerbe gewinnen. Also habe ich das gemacht, haha.
Wie geht Ihr an eine Team-Routine ran?
DJ Jack: Damented ist der musikalischste von uns, er gibt den Sets Struktur. Cross ist definitiv der technisch versierteste. Und ich kümmere mich während der Proben um Snacks und Drinks.
DJ Damented: Für mich ist Cross der technischste und vielseitigste von uns. Der Kerl ist einfach fresh. Jack ist eher Oldschool bezüglich seiner Cuts und Juggles – genau wie ich. Wir beide können einen Cut bringen, aber sobald es hypertechnisch wird, geben wir Cross den Vorrang. Ich war immer ein Beat-Juggler und liebe es mehr als alles andere, Routines zu komponieren. Jack ist der Kleber, der alles zusammenhält, mit mehr als nur Snacks und Drinks, haha.
DJ Cross: Damented hat den Grips, den ich soweit wie möglich versuche anzuzapfen. Jack ist die Maschine, die unter allen Bedingungen einen Chirp Flare oder Juggle hinbekommt. Und nicht zu vergessen seine »People Skills«, die uns dahin gebracht haben, wo wir heute sind. Und ich, naja… Ich bekomme das Geld und die Mädels, haha.
Was ist die größte Herausforderung verglichen mit einem Solo-Battle?
DJ Damented: Ich würde sagen, eine Routine zu komponieren, die nicht zu voll klingt, aber voll genug.
DJ Cross: (Bei uns) ist es die Herausforderung, den Output von drei DJs auf einmal zu schichten und sicherzugehen, dass es natürlich, kraftvoll, funky und nicht zu überdreht klingt.
DJ Jack: Es kostet uns Stunden um Stunden, die Audiodateien zu editieren, bevor die Routine ordentlich arrangiert wird. Und dann noch mehr Stunden, diese Dateien zu mixen, um die Lautstärken richtig hinzubekommen.
DJ Damented: Und dann muss das Set natürlich noch Tausend Mal geprobt werden, bis es jeder im Schlaf beherrscht. Die größte Herausforderung ist also Zeit. Diesbezüglich ist ein Solo-Battle viel entspannter.
Was hat Euch zum DMC Team Champion gemacht?
DJ Cross: Offensichtlich 26 von 30 Punkte der Jury.
DJ Jack: Wahrscheinlich der Fakt, dass wir über sechs Monate an dem Set gearbeitet haben und es dann fast fehlerfrei abgeliefert haben.
DJ Damented: Viele Leute meinen auch, dass wir ein wenig das Oldschool-Battle-Feeling zurück gebracht haben, mit mehr regulärem Juggling und ohne selbstgemachtem Audio. Wir haben einfach Tracks von The Meters, Pete Rock & C.L. Smooth, Black Sheep, edIT und The Prodigy verwendet. Für das letzte geht Respekt an Syndaesia!
Was hat sich seit den Anfängen im Turntablism geändert?
DJ Damented: Turntablism an sich hat sich leider nicht wirklich entwickelt. Aber dafür die Technologie drumherum. Seitdem die digitalen Vinylsysteme Standard geworden sind, streben immer mehr Djs dahin, MIDI Controller in ihre Sets einzubauen. Teilweise lassen sie die guten alten Technics sogar weg. Wir versuchen das Knöpfchendrücken zu minimieren, auch wenn es definitiv Teil unseres Sets ist.
DJ Cross: Das Scratching hat sich schon entwickelt. Ich denke, das Scratching ist sehr wissenschaftlich und mathematisch geworden. Djs versuchen jede erdenklichen Fader- und Handbewegung und suchen nach neuen Kombination. Die Scratches einiger Typen sind echt krank. Aber wahrscheinlich sind sie dafür komplett unfähig, einen Dancefloor zu rocken oder Platten zu mixen.
DJ Jack: Durch das digitale DJing und die CDJs scheint jeder und seine Mutter DJ geworden zu sein. Und ich denke, das hat auch das Interesse an Plattenspielern und insbesondere Turntablism genommen. Die Kids sind heute fast nicht mehr daran interessiert, einem DJ beim Jugglen oder Scratchen zuzuschauen. Die Liebe ist definitv ein wenig verflogen.
Digital oder Vinyl?
DJ Damented: Beides! Digital, weil zehn Jahre Plattenkisten schleppen unsere Rücken genügend geschunden haben. Hauptsächlich natürlich, weil es einem erlaubt, jeder Zeit jede Musik zu spielen. Man muss keine Vorauswahl beim Packen der Plattenkiste vornehmen. Es ermöglicht es dir, einfach vielseitigere Musik zu spielen. Vorher war es unmöglich, von jedem Genre die Platten zu kaufen. Das zwang uns, uns auf ein bis zwei Genres zu konzentrieren. Vinyl trotz allem, denn nichts an einem CD-Player fühlt sich richtig an.
DJ Jack: Es gibt definitiv einen Unterschied zwischen echtem und digitalem Vinyl. Aber man merkt es nur, wenn man sehr subtile und komplexe Scratches versucht, denke ich.
Eure Top 3 Turntablism Scheiben?
DJ Damented: Definitiv D-Styles’ »Phantazmagorea«. Es ist ein echtes Album, kein Scratch-Tool. Aber für mich ist es das krasseste, was du erreichen kannst, mit nichts weiter als Plattenspielern. Wenn es um Scratch-Platten geht, dann »Superduckbreaks« von The Turntablist aka DJ Babu. Und an dritter Stelle steht unsere eigene Scheibe »Black Gold«, ein Tool für Scratch- und digitale Djs, mit dem wir unser fünfähriges Jubiläum und unseren Welttitel 2012 feiern wollten.
DJ Cross: Natürlich »Black Gold«. Es ist meiner Meinung das handlichste Scratch-Tool. Pausenfreie Scratch-Sounds auf der einen Seite und Timecode auf der anderen. Sehr praktisch für Partys. Auf dem zweiten Platz landet QBerts »Super Seal« zusammen mit »Hee Haw Breaks« von DJ Flare. Schon allein, weil ich die Hälfte meine Jugend darauf abgegangen bin.
DJ Jack: Meine Lieblings-Scratch-Scheibe ist »A Million Dollar Black Jack Breaks« von Melo D. Damit habe früher ich eine Menge Scratch-Routines bestritten. Dann noch Killa Tactics »Belt Drive Breaks« – einfach großartig für Routines und Beat Juggling. Ich glaube, ich habe davon bereits acht Exemplare durchgerockt, Und tatsächlich »Black Gold«.