Review

Application

System Fork

Dust Science • 2014

Richtigstellung vorweg: Auch wenn wir The Black Dog als Miterfinder von IDM und Bleep Techno und aktuelle Meister desselbigen aktuellen Revivals würdigen und bereits mehrfach gefeiert haben, dieses Album beweist nicht, dass Martin und Richard Dust als Mitglieder von The Black Dog anno 1990 die oben genannten Genres mit erfunden haben. Genau das wird man mehrfach zu lesen bekommen in den Weiten des schnell mal quergelesenen Netzes. Die Dust-Brüder sind erst seit den späten Nullerjahren Mitglieder jenes geschichtsträchtigen Musikprojektes und waren vorher nicht einmal in der Musikgeschichte sichtbar. Wenn das Album irgendetwas beweist, dann dass man für eine hohe Dynamik kein Live-Setting benötigt. Denn das Debütalbum ihres Seitenprojektes Application ist nicht das Werk zweier Musikliebhaber, die ins Studio gehen und jammen, bis es passt. »System Fork« wurde komplett durchgeplant, bevor der erste Schalter gedrückt wurde. Die Idee kam den Dust-Brüdern bei einem Japanbesuch (was an sich natürlich schon wieder klischeehaft wirkt). Speziell hat sie dabei das Prinzip der Itamae fasziniert, jenen Sushi-Studenten, die ihren Meistern geschlagene fünf Jahre nur zuschauen dürfen, bevor sie ihre erste Sushi-Rolle kreieren dürfen. Mentale Verinnerlichung pur. Damit sind die zehn Titel quasi Sheet Music, minutiös ausformuliert und detailgetreu abgespielt. »System Fork« entwickelt trotz dieses übergroßen, alles überspannenden Reißbretts eine wunderbare Dynamik, die sich tief in Ambient und IDM hinunterbeugt. Application bleiben in ihren Exkursen minimalistisch und erinnern in den Grooves an Veröffentlichungen auf Raster-Noton. Klanglich muss man ihnen aber auch unterstellen, ein wenig altbacken zu wirken. Ein wenig mehr Frische hätte dem Album gut getan. Wenn man schon mal plant, darf die Komfortzone ruhig ein Stück weit verlassen werden.