Dass »Tides« schon mehr als 20 Jahre auf dem Buckel hat, mag man beim ersten (Wieder-)Hören gar nicht glauben. Uwe Zahns zweites Album als Arovane erschien aber tatsächlich 2000 zum ersten Mal und markierte eine Umorientierung seines Sounds, weg von Breakbeat und eher härterer IDM und hin zu Downbeat und organischen, sample-basierten Grooves. Inspiriert von einer Frankreichreise, auf der auch einige Field Recordings entstanden, die wie das Wellenrauschen (»The Storm«, »Seaside«), das Mövengekreische (»Tides«), das Grillenzirpen (»Tomorrow Morning«) oder das Tohuwabohu an einem belebten Strand (»Eleventh!«) ihren Weg auf die Tracks gefunden haben, bastelte Arovane seine zurückgelehnten Rhythmen vor allem aus Samples alter Jazz-Platten. Dazu kommen eigenwillige Spinett- und Cembalo-Sounds, improvisierte Gitarrenmelodien von Christian Kleine und die ein oder andere Ambient-Fläche. Was zum Teil an relaxten Abstract-HipHop erinnert, wie ihn beispielsweise Teebs oder Gold Panda erst eine Dekade später produzieren sollten, klingt heute zwar immer noch frisch und anregend. Vor 22 Jahren war das aber tatsächlich Neuland und Arovane somit ein Pionier auf dem Gebiet, wie man universelle Empfindungen mit elektronischer Musik transportieren kann. Luftige, abstrakte Klänge intuitiv erfahrbar zu machen und damit zutiefst menschliche Gefühle, Gedanken und Erinnerungen anzuregen, das schafft »Tides« auch nach so langer Zeit mit bemerkenswerter Leichtigkeit.
Tides