Review

Bartosz Kruczyński

Baltic Beat II

Growing Bin • 2019

Wer erinnert sich nicht gerne zurück an Ptaki? Das polnische Duo hatte es vor ein paar Jahren geschafft einen eigenen Sound zu erschaffen, der im Organic Groove-Trend am richtigen Ort zur richtigen Zeit war. Bartosz Kruczyński, 50% des Duos, das 2016 den Hut nahm und an den Nagel hing, hat sich nach der Trennung als Solokünstler einen bzw. mehrere Namen machen können. Neben seinen hochachtungsvollen elektronischen Platten als Earth Trax und dem neuen Alias Pejzaż, punktet er unter seinem Klarnamen voll in A- und B-Note. Das begann vor drei Jahren als er auf dem Lieblingslabel deines gut informierten Freundes, Growing Bin mit »Baltic Beat« einen Einblick in die wunderbare Welt der polnisch-baltischen Heimat lieferte. Es folgte das Zusammenspiel mit Poly Chain auf Into The Light (»Pulses«) und findet nun seinen vorläufigen Höhepunkt mit »Baltic Beat II«. Auf dem Highlight-Reel in Labelform, das Growing Bin nunmal ist, sticht die Platte trotzdem heraus. Selbstverständlich gab es mit Wilson Tanner oder Krakatau schon andere New-Classics, doch »Baltic Beat II« setzt eben einen obendrauf. Das beginnt schon mit den Bachklängen und Wiesensounds des vortrefflich betiteltem Openers »Pastoral Sequences«, die einen ganz weit in die Natur treiben, weg vom Großstadtlärm. Fein ziselierte Ornamente aus Field Recordings (womöglich fake, dennoch toll) treffen auf wohltemperierte Klavieranschläge und dem tribalistischem Gesang Polens, nur um sich dann langsam in ein sanftes Pluckern zu begeben. Was mit Gänsehautentzündung im Endstadium beginnt, hört dort zum Glück nicht auf. Lässig wie Gemse in der Tatra werden Gitarren, Xylophon, Streicher und noch so vieles mehr übereinandergeschichtet; an anderer Stelle (auf der B-Seite) werden die Minimal-Jazz-Koto-Klänge einer Midori Takada zitiert. Es endet anders als es begonnen hat, so ist das nun mal mit Reisen und Erzählungen. Würde man auf Ibiza chillen, wäre das klassischer Balearic, so bleibt uns nichts anders übrig als es »Baltearic« zu nennen. Endlich ein neues Genre, anbei die derzeitige Referenzplatte.