Review

Daniel Rossen

You Belong There

Warp • 2022

Seit Ed Droste vor zwei Jahren angekündigt hat, mit der Musik aufzuhören und Therapeut zu werden, steht wohl fest, dass es erst einmal wenig Sinn hat, auf ein neues Album der von ihm gegründeten Band Grizzly Bear zu warten. So dachte vermutlich auch Daniel Rossen, seinerzeit als letztes Mitglied hinzugekommen zum Quartett, das anfangs Drostes Soloprojekt war. Rossen gehörte fortan als zweiter Gitarrist und Sänger dazu. Wie sehr sein Beitrag nicht allein durch seine hell-heisere Stimme den Sound von Grizzly Bear seit 2005 mitgeprägt hat, kann man auf Rossens Soloalbum »You Belong There« nachhören. Die Art-Rock-gerechten abrupten Stilwechsel, das suchend verästelte Harmonieflechtwerk, die spröden Kammerpop-Arrangements und freien Folk-Anleihen sind ebenso Rossens Sache. Und die macht er im Alleingang genauso gut. Selbst die Instrumente hat er fast allein eingespielt. Kontrabass, Cello, Holzbläser und immer wieder seine Konzertgitarre. Bloß das Schlagzeug stammt vom Bandkollegen Chris Bear. So ganz ungewohnte Seiten erkundet Daniel Rossen vielleicht nicht unbedingt, doch beim Hören vermisst man die gar nicht. Das letzte Grizzly Bear-Album liegt inzwischen ja schon fünf Jahre zurück, und an Rossens Songs merkt man, dass sie einem gefehlt haben. Bei ihm hat jetzt alles sogar noch mehr Dringlichkeit, wirkt rauer. Man könnte sich höchstens wünschen, er hätte dabei mehr Gesellschaft gehabt. Vorausgesetzt, die hätte seiner Kreativität nicht im Weg gestanden.