Review

Destroyer

Labyrinthitis

Bella Union • 2022

Dan Bejar war auch mal jung. Zumindest redet er davon, wie er früher in Clubs unterwegs war. Dabei ist der durchschnittliche Song seiner Band Destroyer eher eine Softrock-Erfahrung für die gemäßigte Person mittleren Alters. Und der Opener des neuen Albums »Labyrinthitis« tut auch erst mal herzlich wenig dafür, mit diesem Vorurteil aufzuräumen und kommt sanfter als Samt rein und nippt höchstens zaghaft am Drink. Was Bejar da schon weiß, aber die Zuhörer*innen noch nicht: Das wird eine lange Nacht. Denn Bejar will zurück auf die Tanzfläche. Schüttelt sich zum Post-Disco von »Eat The Wine, Drink The Bread« konfus bis die Worte durch alle Gänge hallen, liebäugelt in »The States« mit etwas, das auch eine Daft-Punk-Kollabo sein könnte und bringt in »June« Funkgitarre und Spoken Word zusammen, bevor er diebisch auf 80s-Madonna schielt. Da der fast Fünzigjährige mit der nöligen Stimme dieses Tempo kein ganzes Album halten kann oder will, gibt es aber immer auch Erholungsphasen. Dann dürfen beispielsweise im rein instrumentalen Titelstück Drumloop und Sampler elektronisch entschleunigen. Drei Songs kratzen mit ihren ausladenden Instrumentalhüften gar an der Sieben-Minuten-Marke. Und auch sonst haben die gesetzten Vocalperformances eine ausgeruhte Eleganz inne, die so gar keinen Schweißgeruch in der Disco zulassen will. Nur die Single »Tintoretto, It’s For You« macht kurz Krawall und lässt ein Synthesizer-Kommando und Rammbockdrums durch die Tür krachen – nicht stillos, aber ein wenig irritierend. Wenn Bejar in »The Last Song” zynisch erklärt: »You’re just another person that moves to L.A.«, dann schmerzt diese Grabgesang auf abertausende Jugendträume zwar, aber befreit mit seiner Gleichgültigkeit auch. Der Letzte macht das Licht aus. Und Dan Bejar muss es ja wissen. Er war schließlich auch mal jung.