Review

Father John Misty

Chloe And The Next 20th Century

Bella Union • 2022

Manchmal erschließen sich Alben von ihrem Ende: Auf seiner fünften Platte »Chloë And The Next 20th Century« setzte Father John Misty alias Joshua Michael Tillman mit »The Next 20th Century« einen Schlusspunkt, der sofort die vorherigen zehn Songs noch einmal aufschlüsselt. Der 40-Jährige arbeitet sich darin wieder einmal an der Beziehung von Kunst und Künstler zum Rest der Welt ab. All das bettet er in einen schmeichelhaften Sound, der direkt von einer ranzigen Bühne in Las Vegas kommen könnte. Mal schieben Geigen den Rhythmus an, doch viel stärker im Arrangement sind die schiefen Gitarren, die sich gegen jede Nostalgie, jede Heimeligkeit stemmen. Dass sich Father John Misty in diesem Grenzgebiet bewegt, ist seit seinem dritten Album »Pure Comedy« bekannt. Hier klingt all das weniger nach Country, sondern nach Jazz und Swing, nach klassischem Hollywood-Sound, nach einer alten Bar, nach einer vergangenen Ära. Was vor allem Tillman durch seine eigene Stimme hinbekommt. Die Frage über allem: Was soll das? Tillman gibt keine Antworten. Sehnsucht und Sinnsuche verwischen mit Humor und Absurdem. Konsequenterweise endet dieses Album dann mit den Worten: »But I’ll take the love songs and the great distance that they came«. Geschichte wiederholt sich. Zumindest mutet es so an. Und wenn alles vor die Hunde geht, bleiben noch die Liebeslieder. Die letzte Zuflucht vor Krieg, Irrsinn und all dem anderen Kram. Verpackt in bittersüße Melodien. Das Album für alle, die die Welt schon lange nicht mehr verstehen.